21/6  Schuld ist Mutter

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:12

Es gab (oder gibt es sie immer noch?) eine Lehrmeinung in der Psychoanalyse, wonach an allem Ungemach, das uns im Leben begegnen mag, letztlich, wenn man lange genug danach fragt, die Mütter Schuld sind. Ich erinnere mich an ein Seminar, das ich in den Siebzigerjahren besucht habe. Es galt der Prozessorientierten Psychologie, kurz POP genannt (als diesem Kürzel in seiner Tätigkeitsform noch keine Beschäftigung zugeordnet war, die üblicherweise den gefiederten Freunden vorbehalten ist). Und in diesen POP-Seminaren kam bei jeder Problemstellung am Schluss unweigerlich die Mutter ins Spiel: ob Migräne oder Versagensängste, Bindungsunfähigkeit oder Übergewicht… irgendwann stand im Raum eine dominante Mutterfigur und der Proband wurde aufgefordert, seine ganze Wut, den Hass auf seine Mutter herauszulassen, herauszuschreien – und dabei stellvertretend auf ein Kissen einzuprügeln.

Jetzt erfahren wir, dass die schuldhafte Verstrickung der Mutter noch viel weiter geht: denn die Mutter ist es – erwiesenermassen – die durch ihr eigenes Essverhalten während der Schwangerschaft und der Stillzeit die Essensvorlieben und -abneigungen des Säuglings programmiert. Dies hat ein Versuch bestätigt, bei dem insgesamt 46 Schwangere in drei Gruppen eingeteilt wurden. die eine der Gruppen trank während den letzten Monaten der Schwangerschaft viel Karottensaft und nach der Geburt dann nur noch Wasser, die zweite Gruppe trank in der Schwangerschaft Wasser und nach der Geburt Karottensaft, während die dritte Gruppe überhaupt und immer nur Wasser trank.

Die Säuglinge der beiden ersten Gruppen reagierten markant positiver auf karotten-haltige Babynahrung als die Kinder der reinen Wassertrinkerinnen. – Wie aussagekräftig ist so ein Versuch? Auch wenn es sich dabei nicht um Hasen gehandelt hat? – Ich denke, er verdiente Vertiefung: mit Spinat, Fenchel, Birchermüesli… allem, was gesund ist. Die Lust am Ungesunden kommt dann von allein.