15/4  Hohler Zahn

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 18:50

Es gibt ja diese unendlichen Geschichten, die immer wieder von vorne beginnen. Die eine handelt vom Hund, der in die Küche schlich und dem Koch ein Ei stahl, worauf dieser die Kelle nahm und den Hund entzwei schlug. Da kamen die anderen Hunde und gruben ihm ein Grab. Darauf setzten sie einen Grabstein, auf dem geschrieben stand: Ein Hund schlich in die Küche…. – Aber um diese Geschichte geht es hier nicht. Es geht um die andere: um die vom Mann, der einen hohlen Zahn hatte. Und in diesem Zahn befand sich eine kleine Schachtel. In dieser Schachtel war ein Zettel, auf dem geschrieben stand: Es war einmal ein Mann, der hatte einen hohlen Zahn…

Hohle Zähne sind heute seltener geworden. Wir ernähren uns zahnfreundlicher, suchen regelmässig die DH auf und schon die Kleinsten lernen, nach jedem Essen die Zähne zu putzen… Auf vielen Schleckwaren prangt das Symbol eines kleinen Zahns, über den sich ein kleiner Regenschirm wölbt. Es ist die Botschaft, dass dieses Bonbon keinen Zucker enthalte, sondern einen Zucker-Austauschstoff – meist Xylit – der eben „zahnfreundlich“ sei und keine Karies verursache. Denn Karies frisst die Zähne hohl.

Aber jetzt beginnt die Geschichte wieder von vorn: in einer vergleichenden Studie der Universität Manchester wurden zehn bisherige Analysen über 5’900 Probanden evaluiert bezüglich Süssigkeiten, Lutschtabletten, Kaugummis, Sirups und Zahnpasten. Die Untersuchung führte zur Erkenntnis, dass die zahnschonende Wirkung weit weniger ausgeprägt war als man bisher angenommen hatte und dass es nicht genug „solide“ Beweise für einen positiven Effekt gebe, als dass man mit gutem Gewissen in der Werbung behaupten dürfe, die mit Xylit gesüssten Produkte schonten die Zähne effektiv!

Der Rückgang der Karies wäre demnach weniger auf den Zucker-Verzicht zurück zu führen als vielmehr auf eine allgemein verbesserte Mund- und Zahn-Hygiene… die aber ihrerseits offenbar von Teilen der Bevölkerung vernachlässigt wird, da sich die Fälle von Karies bei Kindern in den letzhten Jahren – wenn auch nicht bei allen – wieder zu häufen begannen. Es gibt also wieder hohle Zähne und es darf nicht damit gerechnet werden, dass die Löcher sich schliessen, wenn nur genügend xylitgesüsste Schleckwaren verputzt werden. Jedenfalls so lange, bis eine neue Studie weider das Gegenteil beweist und die Geschichte vom hohlen Zahn von vorne beginnt…




14/4  Ausserirdisch

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 18:07

Heute feiert EvD seinen 80. Geburtstag. Ein guter Grund für ein paar Glückwünsche. Unsere Wege haben sich vor vielen Jahren gekreuzt: ich hatte damals eben als Redaktor beim Radio angefangen und er hatte seinen ersten publizistischen Welterfolg veröffentlicht: Erinnerungen an die Zukunft. Das hatte natürlich heftige und skeptische Gegenstimmen provoziert und wir wollten diese Kontroverse in einem Streitgespräch thematisieren. Damals waren die Meinungen weitgehend gemacht: EvD war ein Phantast, ein Spinner, einer, vor dem man die aufgeklärte Öffentlichkeit warnen musste… und dennoch hatten seine Thesen etwas verlockend Wagemutiges, schienen Antworten zu geben auf Fragen, für welche die Ratio hoch keine plausible Erklärung hatte.

Für die Radio-Diskussion besorgten wir dem damals noch nicht so weltläufigen Autor einen Sekundanten in der Person von Herman Oberth. Dieser galt als einer der Pioniere der Weltraumfahrt, ein Weggefährte von Wernher von Braun, ein Astrophysiker, der überzeugt war von der Machbarkeit und der Zukunft des interstellaren Reisens… er hatte seine Thesen und Theorien geschickt unters Volk gebracht, indem er sie gezielt als Material der Trivialliteratur zur Verfügung stellte. So fand sein Wissen etwa Eingang in die utopischen Romane eines Hans Dominik und anderer. Es war eine lebhafte Diskussion im Studio (wer die „Gegner“ waren, weiss ich nicht mehr) und die „Astronauten“ machten viel Terrain gut, auch wenn sie ihre Argumente (noch) nicht wissenschaftlich belegen konnten.

Ich habe seitdem den weiteren Werdegang und universellen Erfolg des EvD aus der Ferne mit Anteilnahme verfolgt. Er ist eine einzigartige, schillernde Persönlichkeit mit der faszinierenden Ausstrahlung des im wahrsten Sinne des Wortes „Besessenen“, der an seine Mission glaubt und sie gegen alle Widerstände vertritt, der tapfer ganze Wüsteneien von Spott und Häme durchwandert, dabei mit einem gesunden Mass an Selbstironie für seine Sache eintritt, für die er auf allen Kontinenten begeisterte Anhänger gefunden hat.

Die Spanne eines Lebens ist zu kurz, als dass man ernsthaft damit rechnen könnte, die „Götter“ von einst kämen ausgerechnet jetzt, zu unser Lebzeit, wieder vorbei um zu schauen, was aus ihrem seinerzeitigen Experiment geworden ist. Und wenn sie kämen – was würden sie von dem halten, was sie antreffen? Wir haben es freilich „weit“ gebracht, aber wohl doch nicht ganz so, wie sie sich das in ihrem Schöpferwillen gewünscht hätten. Noch gibt es Elend, Not und Krieg. Noch ist der „Mensch an sich“ nicht von Natur aus friedlich und „gut“. So dass es am Ende zu hoffen bleibt, dass sie doch so bald wie möglich vorbei kommen möchten, um uns aus unserer Befangenheit im Unvollkommenen zu befreien.

Wenn sie dann bei dieser Gelegenheit auch noch ein paar Rezepte und Heilmittel mitbringen würden, die ultimative Abnehm-Pille zum Beispiel, dann wäre vielen von uns geholfen – Glaube hin oder her!




9/4  Geistige Magersucht?

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 15:02

Eigentlich ist es ein Skandal. Dass ein Blatt vom Renommee eines Tages-Anzeigers einen so ärgerlichen Text ohne mit der Wimper zu zucken abdruckt. Es geht um einen als „Analyse“ deklarierten Kommentar zur Nachricht, dass in Frankreich per Gesetz allzu dünne Models vom Laufsteg verbannt werden sollen. Vielleicht hat die Autorin des Kommentars ein gröberes persönliches Problem, von dem wir nichts wissen. Dagegen schreibt sie nun an. Aber das sollte nicht sein.

Sie geht davon aus, dass die „Dicken“ sich per Gesetz an den „Dünnen“ rächten möchten und behauptet, diese  würden „Dünnsein“ mit „Magersucht“ verwechseln, dabei sei Magersucht ja statistisch gar kein wirkliches Gesundheitsproblem, da weit mehr Menschen an Übergewicht litten und diese Zahl weiterhin im Zunehmen begriffen sei. Also ziele das Mager-Model-Verbot ins Leere bzw. stelle eine inakzeptable Diskriminierung der schönen Schlanken dar – und sei überedies dumm und lächerlich.

Wie dumm darf man denn selber sein, um solchen Quatsch nicht nur zu schreiben sondern auch noch zu glauben? Es geht jas nicht darum, die Models vor sich selber zu schützen, wenn sie sich Hungerkuren unterziehen wollen, um einen Beruf ausüben zu können, bei dem ungesunde Normen die Vorgabe sind. Es geht vielmehr um die fatale Vorbild-Wirkung eines Schlankheits-Ideals, das durch Mode und Werbung geprägt wird, sei es durch Photoshop-geschönte Makellosigkeit im Bild und durch unnatürlich staksende Superschlank-Models auf dem Laufsteg.

Das „Problem“ besteht nicht primär darin, dass junge Frauen und Mädchen ihren Schlankheits-Idolen nacheifern und ebenfalls spindeldürr sein wollen. Denn das gelingt den meisten von ihnen ohnehin nicht. Aber sie generieren durch den Vergleich eine Unzufriedenheit mit sich selber und dem eigenen Aussehen, sie leiden an einer beeinträchtigten Selbstwahrnehmung, fühlen sich bei Normalgewicht „zu dick“ schon in jüngsten Jahren (wovon Teenager-Eltern ein Lied zu singen wissen) und begeben sich auf einen selbstzerstörerischen Trip in den Magerwahn, bis hin zur Nahrungsverweigerung und im schlimmsten Fall zur Bulimie.

Auch wenn es nicht ganz so weit kommt, wird doch der Stoffwechsel auf Dauer in Mitleidenschaft gezogen durch unbeholfene und oft irrwitzige „Diät“-Versuche, mit dem Ziel, um jeden Preis so „dünn“ zu sein wie die Model-Vorbilder. Und die Folge? Extremdiäten stehen meist am Anfang einer Übergewichts-Karriere. Gestörtes Essverhalten kann später ins Gegenteil umschlagen. Frühe Magerkuren tragen zu einem erheblichen Teil zur noch immer anhaltenden Adipositas-Epidemie bei. Diese fatale Verkettung von Ursache und Wirkung hat die Autorin in ihrem Kommentar völlig ausgeblendet. Damit hilft sie niemandem. Aufschlussreich und tröstlich ist allenfalls, wie viele LeserInnen-Reaktionen ihr paroli bieten. Das müsste ihr eigentlich zu denken geben.




8/4  Österliches Allerlei

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 15:07

Es waren bewegte Ostertage. Die Meldungen und Informationen jagten sich. Da war ja einmal das natürliche Bestreben, die Hasenfeier vernünftig zu begehen und den Schokolade-Konsum in Grenzen zu halten. Dem kam die Anwesenheit der anderthalbjährigen Enkelin entgegen, deren Eltern versuchen, das Kind nicht zu früh in die Abhängigkeit von Süssem geraten zu lassen… daher bleibt der Schoko-Genuss eine spezielle Rarität – auch für die Grossen.

Und kaum ist man froh, diese Aufgabe mit Bravour gemeistert zu haben, kommt in der Zeitung die „Entwarnung“: Schokolade mache nicht dick, heisst es da, das hätte eine amerikanische Studie ergeben. Dass diese allerdings vor mehr als zwei Jahren erschienen ist, stand nicht im Blatt… Kurz danach die Meldung, dass die Preise für den Schoko-Rohstoff Kakao in die Höhe schnellen, das Süsse also teurer wird. In Kombination mit der Mitteilung, dass die Rest-Osterhasen nun zu Dumpi9ngpreisen verramscht würden.

Interessant dann auch ein Kassensturz-Beitrag zum Thema Kleidergrössen, der zeigt, dass bestimmte Modefirmen ihre Produkte so bemessen, dass die Frauen, die sie anprobieren, sich „zu dick“ fühlen, weil sie nicht in die Grösse passen, die sie sonst tragen würden… und gleichzeitig die ermutigende Meldung, dass in Frankreich per Gesetz und ganz offiziell allzu dünne Models vom Laufsteg verbannt werden sollen.

Und schliesslich gilt es Abschied zu nehmen von einem Menschen und Kollegen, der ein Sympathieträger par excellence war für übergewichtige Zeitgenossen, der zu jeder Faser seiner Figur stand, sie genüsslich auslebte, eine wahre „Gemütsmore“, wie man auf Berndeutsch sagt. Wir hatten nicht viele Begegnungen, aber sie waren geprägt von Herzlichkeit und grosszügiger Gastfreundschaft. Er wird uns allen fehlen: Matthias Gnädinger.




1/4  Ent-täuschend

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 15:09

Illusionen sind Täuschungen. Auf einer solchen beruht die allgemein bekannte Annahme, dass kleinere Teller dazu beitragen können, die Nahrungsmenge zu begrenzen. Nicht nur, dass man weniger darauf schöpfen kann (jedes Selbstbedienungs-Büffet lässt grüssen!), das Wenige erscheint auch noch als „mehr“, wenn man es mit der identischen Menge vergleicht, die auf einen grösseren Teller geschöpft wurde. Dieser optische Täuschungs-Effekt wurde 1860 entdeckt und wird die Delboeuf Illusion genannt. In verschiedenen Versuchen wurde seither erhärtet, dass Probanden auf grosse Teller automatisch grössere Portionen schöpfen als auf kleinere Tellerchen…

Es sei denn, man sei ein übergewichtiges Mädchen! – Das ist die bittere Wahrheit eines aktuellen Versuchs an der Universität von Connecticut. Dort hat man eine Reihe von übergewichtigen und adipösen Teenagern zwischen 14 unsd 18 Jahren verschiedenen psychologischen Tests unterzogen und dabei festgestellt, dass die „dicken“ Girls eine signifikant grössere Neigung hatten, sich bezüglich der Grösse einer Portion zu verschätzen. Gleichzeitig wurden die Hirnströme gemessen, was Aufschluss gab darüber, wie die optischen Reize aufgenommen und verarbeitet wurden.

Die Erkenntnis, dass übergewichtige Teenager auf optische Botschaften anders reagieren als normalgewichtige Mädchen müsse – so die Studienleiterin – dazu führen, dass alle Informationen im Rahmen von Gewichtskontroll-Programmen sehr klar, einfach und logisch wirkten, da offenbar das Vorhandensein von Adipositas die bewusste Wahrnehmung von komplexen Sachverhalten und Aussagen beeinträchtige.

(Es ist mir allerdings nicht bekannt, aus welchem Grund für diesen Versuch nur Mädchen ausgewählt wurden… Ohne hier einen Gender-Tabubruch begehen zu wollen muss ich mich fragen, wie das Resultat ausgesehen hätte, wenn man die gleichen Tests auch mit einer männlichen und mit einer gemischten Kontrollgruppe durchgeführt hätte… Es darf spekuliert werden.)