18/11 TV macht dick
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 15:38 |
Ein neuer Sündenbock ist gefunden. Aber das Wissen ist alt. Schon vor bald 20 Jahren hörte ich ein Referat, in dem nachgewiesen wurde, dass es einen Zusammenhang gibt zwischen dem Übergewicht bei Kindern und der Zeit, die diese vor dem Fernseher verbringen, und somit nicht im Freien herumtollen…
Dass eine analoge Beziehung zwischen TV-Zeit und Übergewicht auch bei Erwachsenen bestehen könnte, ist nun durch eine Forschung in USA erwiesen. Wer länger in die Glotze schaut, nimmt mehr zu. Betroffen sind laut dieser Studie vor allem Frauen. Bei ihnen gibt es eine knappe Gleichung: 1 Stunde täglich mehr vor dem Bildschirm gleich plus 1% Körpergewicht!
Dabei gab es wohl noch nie so viele Sendungen auf allen Kanälen wie jetzt, in welchen explizit die Themen Körpergewicht, Essen und Gesundheit abgehandelt werden. von all den sinnlosen Abnehm-Olympiaden à la „Biggest Loser“, über die informativen „Ernährungs-Docs“ bis hin zu den erschütternden Dokumentationen „Leben mit 300 Kilo“ werden wir zugeschüttet mit Darstellungen, in denen es ums Körpergewicht geht und darum, wie wichtig und überlebensnotwendig es doch ist, abzunehmen. Also müsste man eigentlich annehmen, wer viel davon sieht, wird auch mächtig motiviert…
Aber dem ist wahrscheinlich nicht so. Im Gegenteil. Die permanente Konfrontation mit der Darstellung von zu schweren menschlichen Körpern kann zu Ablehnung und Verachtung führen, ist in der Summe letztlich eine Form der Diskriminierung unter dem verlogenen Deckmäntelchen der Aufklärung und wirft Betroffene, die täglich mit ihrem Gewicht zu kämpfen haben, zurück in eine ausweglose Verzweiflung, in der wiederum nur das Essen als Fluchtweg in eine emotionale Entlastung führt. Ein Teufelskreis.
5/6 Böses Viszeralfett
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 16:08 |
Es sind keine neuen Erkenntnisse. Es geht um Fakten und Wahrheiten, die dauernd verinnerlicht werden sollten, wenn sich jemand mit dem Gedanken trägt, abzunehmen. Es sind Aussagen eines ausgewiesenen Experten und Adipositas-Spezialisten: Professor Dr. Hans Hauner, deutscher Ernährungsmediziner.
Hauner beleuchtet im Interview verschiedene Aspekte rund um die Problematik des Bauchfetts, medizinisch Viszeralfett genannt. Das sind die Fett-Einlagerungen im Inneren unseres Körpers, die sich zwischen die Organe drängen und – vor allem bei Männern – zum harten Kugelbauch führen. Dieses Fett hat die unangenehme Eigenart, dass es sich wie ein autonomes Organ gebärden kann, dass es Fettsäuren absondert und Hormone und Botenstoffe ausschickt, die einerseits im unterbewussten Bereich unser Essverhalten steuern und kontrollieren können und die auch mitschuldig sind am Entstehen von zahlreichen Krankheiten, die mit Übergewicht und Adipositas einhergehen. Was für mich in der Aufstellung dieser Krankheiten neu und überraschend war, dass hier auch Alzheimer direkt mit dem Überschuss an Viszeralfett in Zusammenhang gebracht wird.
Die Lektüre des ganzen Artikels auf der Plattform von t-online.de lohnt sich, wobei man der Autorin den Patzer nachsehen mag, dass sie einen Video-Ausschnitt auf der unsäglichen Dicken-Verhöhnung „Biggest Loser“ verlinkt hat: dort geht es um Bewegungsübungen, immerhin.
14/2 10 mal verloren
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 16:43 |
Jetzt wird wieder abgespeckt. Seit Anfang Februar läuft – als Jubiläum gefeiert – die 10. Staffel des Abnehm-Wettbewerbs The Biggest Loser. Sat 1 führt Dicke vor: In einem Bootcamp hungern und turnen sie sich dünner, mit mehr oder weniger Erfolg. Gefeiert wird, wer am meisten Gewicht abwirft.
Super-Held ist im Moment Mario, der in einer einzigen Woche 17,6 Kilo abgenommen hat.
Ist er nun für die Community der Adipösen ein Vorbild, dem es nachzueifern gilt? Müssen alle Übergewichtigen es ihm jetzt gleichtun, da er es doch so erfolgreich vorgemacht hat?
Die Fachwelt ist sich einig: solche Konkurrenz-Shows zur Gewichtsreduktion sind reiner Schwachsinn. Denn jeder Fall von Übergewicht und Adipositas ist individuell begründet und einzigartig in seinen Ursachen bzw. deren Zusammenspiel. So muss jeder Patient und jede Patientin differenziert und einzeln abgeklärt, beurteilt und therapeutisch begleitet werden. Und jede/jeder kann völlig unterschiedlich auf die eine oder die andere Methode reagieren. Dies äussert sich vor allem auch im Tempo, mit welchem Gewicht abgebaut werden kann.
Werden also Menschen mit ganz unterschiedlichen Konstallationen quasi über den gleichen Kamm geschert und der gleichen „Behandlung“ unterzogen, gibt es von Anfang an eine ungleiche Ausgangslage: der eine kann rasch und viel verlieren, bei der anderen geschieht dies nur in kleinen Schritten und zögerlich, auf lange Dauer verteilt – aber das heisst nicht, dass der „Schnelle“ irgendwie „besser“ wäre! Er hat jetzt einfach das Glück, auf die angewendete Methode gut zu anzusprechen.
Lasst euch also zu keinen Kurzschusshandlungen hinreissen und straft diesen Menschenzirkus am besten mit Nichtbeachtung. Die grössten Verlierer sind hier auf jedem Fall die Übergewichtigen.
3/1 Abnehm-Fernsehen
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 23:51 |
TV-Gucken kann helfen. Zum Jahresende, wenn Viele so tun, als würden sie sich vornehmen, im kommenden Jahr abzunehmen, häufen sich die Sendungen, mit denen solche Vorsätze unterfüttert werden können.
Zum Ausklang des alten Jahres liefen auf dem Sender TLC einen ganzen Tag lang eine Folge nach der anderen der US-Dokumentar-Reihe „Mein Leben mit 300 Kilo“. Alle Beiträge seriös recherchiert und sachlich-informativ: Langzeit-Beobachtung über ein Jahr. Zuerst wird eine Person, die an die 300 Kilo wiegt, in ihrem Umfeld und mit ihrem familiären Hintergrund, in dem sie aufwuchs, vorgestellt. Quasi mit ihrer jeweiligen Adipositas-Biografie. Dann kommt der Besuch in der texanischen Spezialklinik, wo es zunächst einmal um die Ernährungsumstellung geht, bis die Patienten nach dem verlangen ersten Erfolg zur Bypass-OP zugelassen werden. Jeder Fall ist „schwer“ in mehrfacher Hinsicht, jeder Erfolg ist hart erkämpft und macht Mut, sich auch in auswegloser Situation aktiv um Veränderung zu bemühen.
(Quasi parallel dazu habe ich mich durch die entsetzlichen Formate „Man vs. Food“ auf andern Kanälen gezappt, in denen es perverserweise darum ging, Viel-Fress-Challenges zu gewinnen, indem jemand einen 7-Kilo-Burger zu verdrücken versuchte, angefeuert von einer johlenden Meute… natürlich in USA, Amercia first!)
Heute nun die Premiere eines neuen Abnehm-Contests, präsentiert von 2-Sterne-Koch Frank Rosin, der selber auch abnehmen möchte: „Rosins Fettkampf“ auf Kabel 1. Äusserlich scheint das Format an das Kampf-Abnehmen „Biggest Loser“ angelehnt, auch hier sind es zwei Teams, die gegeneinander antreten und sich öffentlich auf die Waage stellen… aber die Sache ist etwas weniger spektakulär aufgezogen und vor allem unterziehen sich die beiden Teams zwei verschiedenen Ernährungsmodellen, die so quasi auf ihre Wirksamkeit getestet werden und die dann für den Spitzenkoch eine Gelegenheit bieten, auf der Basis dieser Diät-Vorgaben „leckere“ Speisen zu kreieren…
Dazu wird Sport getrieben und die Leute machen eindrückliche Fortschritte (bis zu 10 Kilo weg in zweieinhalb Wochen)… Auch wenn Wett-Abnehmen grundsätzlich problematisch sind, weil jeder Verlauf einer Gewichtsreduktion ganz individuell sein kann, hat mich diese Sendeform angesprochen und ich bin sehr gespannt, wie es weiter geht. Man wird es sehen.
29/10 Medien-Lob und -Tadel
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 17:07 |
Übers Wochenende war einiges los im Fernsehen. Der deutsche Privatsender VOX brachte einen ganzen Themenabend unter dem Motto „Planet der Dicken – essen wir uns zu Tode?“. Eine dokumentarische Langzeit-Begleitung von z.T. massivst übergewichtigen Personen in ihrem alltäglichen Kampf ums Abnehmen, mit unterschiedlicher Motivation und allen erdenklichen Methoden.
Ausgiebig kamen dabei namhafte Experten zu Wort, die Betroffenen wurden einfühlsam porträtiert und konnten ihre Sicht der Dinge darlegen, vom Plus-Size-Model bis zum Marathon-Läufer, der vor seiner Teilnahme am Lauf 60 Kilo abspecken will, vom TV-Entertainer, der „eigenhändig“ 70 Kilo abgenommen hat, zu Mitgliedern einer Selbsthilfegruppe und verschiedenen PatientInnen in Spezialkliniken…
Der Bericht ist sehenswert und journalistisch sauber aufbereitet, ohne jeden Voyeurismus und mit grossem Respekt im Umgang mit den Adipositas-Kranken, wie man es eigentlich auf einem Privatsender neben Biggest Loser und anderen Abspeck-Wettkampf-Shows gar nicht erwarten würde… am Schluss wird klar, warum: er stammt aus der Küche von SPIEGEL-TV. Chapeau!
Etwas die Stirn gerunzelt habe ich, als ich einen an sich gut recherchierten und geschriebenen Bericht im SRF-Online-Portal gelesen habe, mit dem Titel: „Mit schlank gleich schön ist langsam Schluss“. Der Text steht im weiteren Zusammenhang mit einer Sternstunde-Extra-Ausgabe vom Samstagabend. Dort ging es in einer grossen Diskussion um Menschen, die aus der „Norm“ fallen, u.a. auch ums Übergewicht, eindrücklich vertreten durch den deutschen Journalisten und Buchautor Bertram Eisenhauer.
Im Online-Text wurde das Thema behandelt, dass sich die öffentliche Meinung dank der sozialen Medien langsam vom Cliché entferne, dass nur „Schlanksein“ wahre Schönheit bedeute und dass füllige Formen zunehmend Akzeptanz fänden, illustriert am Beispiel der „Body Positivity“-Bewegung.
Diese Entwicklung ist grundsätzlich zu begrüssen, steht sie doch gegen Diskriminierung und Ausgrenzung. Aber im ganzen Text wurde mit keinem Wort auf die immanenten Gesundheits-Risiken eingegangen, mit denen der medizinische Befund „Adipositas“ nun einmal behaftet ist: wer zu dick ist, ist krank und läuft Gefahr, früher oder später an der einen oder anderen Begleiterkrankung zu leiden. Dass dies in der Regel meist „später“ ist, darf nicht dazu verleiten, den Tatbestand an sich „schönzureden“, bei aller Akzeptanz des eigenen Selbstwerts. Zum Glück reagieren zahlreiche Verfasser von Kommentaren in diesem Sinne kritisch und schaffen so ein Korrektiv. Auch das ist lesenswert.
14/8 Abnehm-Wettlauf
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 15:43 |
Eigentlich bin ich ja dagegen. Ich halte es für einen menschenverachtenden Unsinn, im Fernsehen um die Wette abzunehmen, um den „Biggest Loser“ zu küren oder die „effizienteste Diät“ zu ermitteln. Denn der Wettstreit als solcher setzt falsche Anreize, verleitet zu riskanten Manövern und fraglichen Praxen, um in möglichst kurzer Zeit möglichst viele Kilos loszuwerden.
Das Wett-Abnehmen, um das es aber hier geht, hat eine andere Dimension, die durchaus Beachtung verdient. Es geht um einen „Wettbewerb“ unter Staatsmännern, Regierungschefs von Südsee-Inseln. Dort haben die Menschen in den letzten Jahrzehnten, von der WHO mit Sorge beobachtet, aussergewöhnlich viel an Gewicht zugelegt. Zum einen durch den Einbruch „westlicher“ Ernährungsgewohnheiten in eine vormals indigene Esskultur, die mit der Natur in Einklang stand, anderseits auch ganz schlicht im Zeichen eines sich einstellenden Wohlstands der dortigen Eliten.
So wie auch in Europa in früheren Zeiten das „Volk“, das in weiten Landstrichen an Unterernährung litt, von einer Machtelite geführt wurde, die sich auszeichnete durch prunkvolle Gewänder, ausschweifenden Lebenswandel und eindrückliche Körperfülle, seien dies nun die weltlichen oder geistlichen Oberhäupter oder schlicht die gutbetuchten Kauf- und Handelsherren.
Deshalb hat Akilisi Pohiva, der Premierminister des Inselstaates Tonga seine Amtskollegen zu kulinarischer Mässigung und zu einem jährlichen Vergleichs-Wägen aufgerufen, nicht nur der eigenen Gesundheit zuliebe, sondern auch um der Bevölkerung ein Vorbild zu sein und aktiv zu zeigen, dass es möglich ist, durch gezielte Veränderung der Ess- und Lebensgewohnheiten sein Gewicht unter Kontrolle zu bringen…
Nicht unbedingt ein Modell für unsere hiesigen Potentaten, die ja mehrheitlich auf ihre Gesundheit achten, aber sehr wohl eine Art Anreiz für Viele, die hier eine Vorbildfunktion haben. Wetten dass?
8/3 Familiensache Übergewicht
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 18:27 |
Überraschung zu später Stunde. Beim Zappen gerate ich in unversehens die zweite Folge einer TV-Serie auf RTL2, die vom Abnehmen handelt. Es geht um die Vererbung der Veranlagung zu Übergewicht, wie schon der Titel suggeriert: Meine Eltern, ihre Kilos und ich. Die Folge handelt von der Familie Zeimentz. Papa und Mama sind richtig füllig, die Kinder machen sich Sorgen und möchten, dass ihre Eltern wieder fit sind und mit ihnen mal so richtig weit weg in die Ferien fliegen können. Sie suchen Hilfe.
Felix Klemme ist Abnehm-Coach, der seine Klientel mit natürlichen Methoden zum Gewichtsverlust animiert. Sechs Monate lang begleitet er (mit dem Fernsehen) die Familie und erreicht, dass sie sich nachhaltig verschlankt. Ernährungs-Umstellung, regelmässige sportliche Betätigung, ein neues Bewusstsein und eine gesteigerte Lebensqualität sind die Folge.
Drei verschiedene Familien, drei Coaches, drei Geschichten: eine ernsthafte Auseinandersetzung mit einer Problematik, die viele bewegt. Wie weit die Tipps, die hier vermittelt werden, auch von unbetreuten Betroffenen aufgenommen und angewendet werden können, muss sich weisen. Als Anregung zur Verhaltensänderung sind solche Sendungen auf jeden Fall wirksamer und wertvoller als Krawall-Shows à la „Biggest Loser“ & Co.
22/8 Erfolg ist relativ
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 17:17 |
Erfolgreich Gewicht verlieren. Was heisst das? Hat mehr Erfolg, wer in kurzer Zeit viel abgenommen hat? Oder ist es erfolgversprechender, in kleinen Schritten das Gewicht über längere Zeit zu reduzieren?
Die amerikanische ObesitySociety ist in ihrem monatlichen Informationsmagazin dieser Frage nachgegangen, anhand einer Studie, welche die TeilnehmerInnen der TV-Serie „Biggest Loser“ über längere Zeit beobachtet hat. Die Ergebnisse sind einleuchtend und tröstlich.
Wer im Rahmen eines solchen Sendekonzeptes massiv Gewicht verliert, hat Mühe, dieses später in seinem Alltag weiterhin zu halten, denn während der Dauer der Sendung ist man nicht nur unter dem Druck öffentlicher Beobachtung und eines gnadenlosen Wettbewerbs, man hat zudem auch quasi rund um die Uhr eine fachliche Begleitung bezüglich Ernährung, Bewegung und psychologischer Unterstützung. Fallen all diese Hilfen nach dem Ende der Serie weg, ist die Gefahr eines Rückfalls schon vorprogrammiert.
So verwundert es nicht, dass die „grössten Verlierer“, die während jeweils 30 Wochen im Durchschnitt 58,3 Kilo abgenommen haben, nach 6 Jahren rund 70 % davon wieder zugenommen haben. Trotzdem sind alle am Ende dieser Zeit rund 12 % leichter als vor dem Experiment. Dies wiederum ist kein Scheitern, sondern als Erfolg zu buchen. Denn auch eine massvolle Reduktion von 5, 10 oder 15 % des Ausgangsgewichts bei Adipositas kann einen sehr positiven Effekt auf allfällige Begleiterkrankungen haben.
Diese Erkenntnis wiederum sollte Ärzte und alle, die therapeutisch mit Adipösen befasst sind, motivieren, auch moderate Gewichtsreduktionen zu akzeptieren und als positiv zu werten und den PatientInnen genügend Zeit einzuräumen, ohne der Illusion zu verfallen, „möglichst viel und möglichst rasch“ sei besser.
Wie genau die metabolischen Mechanismen bei einer erneuten Gewichtszunahme funktionieren, darüber hat die Wissenschaft noch zu wenig fundierte Fakten und Einsichten. Hier ist noch hoher Forschungsbedarf, um den Betroffenen Hoffnung machen zu können. Eines aber ist gewiss und soll auch anerkannt werden: wenn das Gewicht nach einem massiven Verlust „wieder zurückkommt“, bedeutet das nicht, dass der Betroffene versagt oder Schwäche gezeigt hat… es ist vielmehr die natürliche Reaktion des Organismus‘ auf eine ausserordentliche, ja extreme Situation. Mit „Schuld“ hat es gar nichts zu tun.
31/12 Auf ein Neues
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 21:23 |
Nach zehntägiger PC-Abstinenz fällt die Rückkehr an die Tastatur fast ein wenig schwer. Was haben wir in dieser Zeit alles versäumt? Was in den Medien zum Thema zu vernehmen war, wirkte alles irgendwie fatal vertraut. Die immergleichen Empfehlungen gegen den Festtagsspeck, der ewiggültige Hinweis, dass wir nicht zwischen Weihnacht und Neujahr zunehmen, sondern zwischen Neujahr und Weihnacht. Und die zeitlose Erkenntnis, dass gute Vorsätze meist nicht lange halten.
Dann war da noch der Hinweis auf eine weitere Staffel der Dicken-Verarschung Biggest Loser, verbunden mit dem Hinweis, dass die Opfer der letzten Serie gemeinsam 1’000 Kilo abgenommen haben. Offene Frage: wie lange hält das an?
Ich selber habe eine spezielle Erfahrung gemacht. Nicht ohne Hintergedanken war für den 4. Januar ein Arztbesuch vereinbart worden. Dies sollte mich gezielt dazu bringen, die Festtagsmahlzeiten mit Vernunft zu gestalten und nicht zu stark über die Stränge zu schlagen… und dann kam doch gestern die Mitteilung aus deer Praxis, dass der Termin auf später verschoben werden müsse. Eine solche Information löst ein Wechselbad der Gefühle aus. Auf der einen Seite ist die Versuchung gross, in kulinarischer Hinsicht aufzuatmen und die Zügel wieder etwas lockerer zu lassen, auf der anderen Seite steht der trotzige Entschluss, wenigstens jetzt konsequent zu sein und durchzuhalten, den geplanten Weg weiter zu gehen, immer das Ziel vor Augen…
Auch wenn mir die Vergänglichkeit der guten Vorsätze bekannt ist, versuche ich, so gut es geht, auf Kurs zu bleiben, wöhrend draussen schon die ersten Feuerwerkskörper in den dunklen Nachthimmel pfeifen. – Auf ein gutes Neues denn, 2014 kann kommen.
25/2 Wer verliert was?
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 23:28 |
Seit letzter Woche werden im TV wieder die Dicken über den Bildschirm gehetzt. The Biggest Loser heisst die Serie auf Sat.1, nach amerikanischem Vorbild, in erneuertem Gewand. Zu Paaren getrieben und in farbige Trikots gesteckt, wabbeln die Kolosse durch eine spanische Fitnesslandschaft.
Schicksalsgerät ist die überdimensionale Waage, auf die sich die Teilnehmenden stellen müssen. Spannender als die Rangverkündung bei Heidi Klums Modelcasting ist der Wiegeprozess, indem die digitale Gewichtsanzeige sekundenlang zwischen mini- und maximalen Werten pendelt… bis sie am Schluss ein Resultat anzeigt, das niemand überprüfen kann.
Wer nach einer Woche am wenigsten abgenommen hat, fliegt raus.
Was ist der erkennbare Gewinn einer solchen Veranstaltung? Ist es die gnadenlose Zurschaustellung von kranken Menschen als abschreckendes Beispiel und Mahnmal gegen eine ungesunde Lebensweise? Denn eine wirkliche Lebenshilfe vermag dieses Spektakel nicht zu vermitteln: es ist, als wollte man das Dschungelcamp ernsthaft als Überlebenstraining für angehende Expeditionsteilnehmer verkaufen…
Aus medizinisch-gesundheitlicher Sicht ist es absurd und gefährlich, in so kurzer Zeit so viel abnehmen zu wollen. Wer es nicht schafft, muss nicht unbedingt „schuld“ daran sein, es ist seine individuelle Konstellation, die es ihm erlaubt, mehr oder weniger Gewicht zu verlieren. Sendungen wie diese unterstützen und erhärten lediglich die bestehenden Vorurteile, brandmarken die Betroffenen uns setzen sie gnadenlosem Spott aus. Auf der Strecke bleibt dabei die Würde, auf die auch ein Mensch ein Anrecht hat, dessen Körpergewicht – aus welchem Grund immer – aus dem Ruder gelaufen ist.