Suchergebnisse zu «Biggest Loser»


3/11  Schon verloren

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 22:46

Dass Dicke in TV-Spezialshows vorgeführt werden wie Tanzbären ist an sich schon schlimm genug. Nun kommt auch noch aus, dass solche Sendungen sogar demotivierend wirken können.

Ein Test mit 138 Studenten hat gezeigt: wer sich Szenen mit Fitnesstrainig aus der TV-Serie The Biggest Loser anschaut, bekommt dadurch ein extrem schlechtes Bild von körperlicher Aktivität durch Trainieren und wird demotiviert, sich überhaupt vermehrt zu bewegen.

Dadurch, dass die Teilnehmenden in extremen Belastungs-Situationen gezeigt werden, schwitzend, nahe dem Zusammenbruch, am Rand der Kräfte sich abmühend, wird der Eindruck vermittelt, wer durch vermehrte Bewegung abnehmen wolle, müsse sich solchen Qualen und Strapazen aussetzen.

Die Reaktion der Studenten erinnert mich an unseren Sohn, der schon in der zweiten Schulklasse zur Verwunderung seiner Lehrerin verkündet hatte, er würde später einmal lieber ins Gefängnis gehen als Militärdienst zu leisten… Auf ihre Nachfrage stellte sich heraus, dass er sein Wissen über das „Militär“ vor allem aus Schwarz-Weiss-Filmen am TV über den zweiten Weltkrieg bezogen hatte.

So kann die Wahrnehmung einer gezeigten Bild-Wirklichkeit die echte Realität überlagern und verdrängen: Die „Biggest Loser“ machen ihr Publikum schon im voraus zu Verlierern.


8/4  Grösster Verlierer

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:46

Eingeschneit in der Ost(er)schweiz hat man Zeit zum Lesen und zum TV-Gucken. Abgesehen von dem dümmlichen Kantonshymnen-Rap, der nun vom Facebook-Hohn den Weg zu Giacobbo/Müller gefunden hat (nur dass das klar ist: ich habe keineswegs den Wunsch, hier zu sterben!), habe ich mir wieder mal auf Sat.1 The Biggest Loser angetan.

Das ist nach wie vor die bescheuertste Abnehm-Sendung im aktuellen TV-Programm. Da werden massiv Übergewichtige und Adipöse (vereinzelt über 180 Kilo) in einem Camp zusammengetrieben und unter strengstem Drill angehalten, ihre Organismen extrem zu strapazieren. Zudem werden sie verschiedenen fiesen Versuchungen ausgesetzt, bei denen sie entweder Süsses naschen und dabei Bonuspunkte gewinnen oder enthaltsam bleiben können.

Am entsetzlichsten aber ist das Wiege-Ritual: zwei Teams treten im Wettkampf gegeneinander an. Jedes Mitglied wird auf der überdimensionierten Waage gewogen, dabei wird dermassen auf Spannung gemacht, dass sich dagegen jede Casting-, Model- oder Talentshow  verstecken muss. Nach einer Woche Abnehm-Schlauch wird Bilanz gezogen. Der beste Abnehmer hat in diesen sieben Tagen drei Kilo abgelegt, die schlechteste bloss 700 Gramm… das eine ist absurd (3 Kilo in einer Woche) und in der freien Wildbahn niemals auf gesundem Weg zu erreichen, das andere wäre normal und lobenswert, wird aber mit Häme und Strafe vergolten.

Wer das Pech hat, weniger abnehmen zu können, wird gedemütigt, abgewählt und ausgestossen. Das ist übelste Dickenheetze und seelenlose Verächtlichmachung. Die grössten Verlierer sind dabei die Adipösen, auf deren Kosten sich die breite Masse ofenbar lustig machen kann. Gleichzeitig werden völlig falsche, ireführende Massstäbe gesetzt. Ich werde jedenfalls lange warten, Bis ich mir den Schwachsinn wieder antue.


6/11  Zunehmend

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 22:30

Es war nur ein kleiner Artikel, gestern in der Zeitung, fast hätte ich ihn übersehen. Hinten, auf Seite 42 stand er, im Wissens-Teil zwar, 16 Zeilen lang und immerhin illustriert mit einem Bild vom Casting für die TV-Show The Biggest Loser. Zwei übermässig dicke Personen, die auf Klasppstühlen sassen und offenbar auf ihren Auftritt warteten.

Die Aussage des Artikels ist knapp und gnadenlos. Es geht um Amerika. Dort sind heute 30 Prozent der Bevölkerung adipös, das heisst haben einen BMI von 30 und mehr. In den letzten Jahren war die Hoffnung aufgekommen, der epidemischen Ausbreitung der Adipositas liesse sich durch geeignete Massnahmen beikommen, es zeichne sich bereits eine Abflachung der Tendenz ab, weil die verschiedenen gesundheitspolitischen Vorkehren und Regulierungen langsam greifen würden.

Dem sei mitnichten so, konterte eine Forschergruppe von der Harvard-Universität: die Anzahl der schwer adipösen Patienten werde in USA noch weiter ansteigen bis auf ein Level von 42 Prozent, damit sei zu leben – oder allenfalls zu sterben.

Entwicklungsprozesse der Menschheit brauchen ihre Zeit. Der homo erectus war schätzungsweise 15’000 Jahre unterwegs, bis er von Afrika aus ans Ende von Asien gelangt war, alles zu Fuss, als Jäger und Sammler. Wie lange es die Dicken noch geben wird, ist schwer abzuschätzen. Aber wir tun wohl gut daran, in grossen Zeiträumen zu denken.


7/2  Unglaublich!

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 22:40

Es gibt kein anderes Wort, um zu beschreiben, was uns als Abschluss der TV-Serie The Biggest Loser auf Pro 7 geboten wurde. Nach acht Monaten wurden im Finale die drei Protagonisten, die es bis dahin geschafft hatten, gegen einander aufgewogen und der, der prozentual zu seinem ursprünglichen Körpergewicht am meisten abgespeckt hatte, wurde zum Biggest Loser gekürt und erhielt die ersehnten 100’000 Euro in einem glänzenden Aluminiumköfferchen.

Enrico, der klare Sieger, wog am Anfang 191 Kilo… am Ende der Show hatte er mehr als 90 Kilo abgenommen, über die Hälfte seines Ausgangsgewichts. Eine Dimension, die normalerweise nur mit chirurgischen Eingrîffen zu erreichen ist. Was war geschehen? Die Kandidaten hatten mehrere Wochen in einer geschlossenen Hazienda verbracht, wo sie von Fachleuten in der Umstellung der Ernährung geschult und mit einem radikalen Bewegungsprogramm sportlich getrimmt wurden. Zwei Teams wetteiferten miteinander und jede Woche musste das Mitglied, das die kleinsten Chancen für den Sieg hatte, ausgeschlossen werden. Dann wurden auch die Favoriten bis zur Schlusskür nach Hause entlassen, wo sie sechs Monate lang auf eigene Faust mit der Gewichtsreduktion weiterfahren und sich aufs Finale vorbereiten mussten. Auch die beiden anderen waren kaum mehr wieder zu erkennen, svelte, elegante Figuren in modischen anzügen…

Jeder hatte einen völlig neuen Zugang zu seiner Ernährung gefunden, hatte seinen Lebensstil verändert, betrieb täglich Sport, oder doch viermal die Woche, sie gingen zu Fuss zur Arbeit, sassen auf dem Hometrainer… sie waren im wahrsten Sinn des Wortes neue Menschen geworden. Er wollte, sagte Enrico zu seiner ebenfalls (noch) schwer übergewichtigen Frau, beweisen, dass es möglich ist, abzunehmen ohne Chemie und Skalpell; er wird fortan als Ernährungsberater tätig sein und seine erste Kundin ist seine eigene Frau, sie hat schon 20 Kilo abgenommen.

Eine solche Aussage ist freilich zweischneidig: sie kann jenen Vorurteilen Auftrieb geben, die da glauben, es sei wirklich „ganz einfach“ mit weniger Essen und mehr Bewegen… und sie kann falsche Hoffnungen und Erwartungen wecken, man könne so etwas aus dem Stand auch selber schaffen: ohne den rigorosen Druck des Wettbewerbs von Anfang an, ohne die harte Führung durch die vollamtlichen Trainer und letztlich ohne den robusten Anreiz des 100’000-Euro-Gewinns wären diese Erfolge kaum erzielt worden. – Ein Recall in zwei Jahren müsste interessant sein.


20/5  Verloren

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 21:38

Instinktiv habe ich weggezappt, als ich heute Abend zufällig auf das Finale von The Bigges Loser stiess. Nach zehn Wochen Abnehm-Stress hat sich offenbar die Teilnehmerrunde gelichtet. Wer das Pech hatte, unter der Woche weniger abnehmen zu können als die andern, musste gnadenlos über die Klinge springen und ausscheiden. Nun standen sich in der Endrunde noch drei KandidatInnen gegenüber.

Ich habe, wie gesagt, sofort weg- und weitergezappt. Ich wollte gar nicht sehen, wie die „bewegendsten Momente“ aus der ganzen Serie Revue passierten und wie am Schluss eine oder einer der Teilnehmenden den Hauptpreis von 50’000 Euro kassieren konnte. Der wahren Preis zahlten die Ausgeschiedenen durch all die Demütigungen und Erniedrigungen, die sie erleben mussten, bis sie endlich so weit waren, die Hoffnung auf den Geldgewinn sausen zu lassen und auszusgteigen oder sich herauskicken zu lassen.

Kurz vorher war – nach Mitternacht – auf einem anderen Sender eine sensible SPIEGEL-TV-Dokumentation zu sehen über eine Reihe von deutschen Menschen, alle zwischen 180 und 260 Kilo schwer, und ihren Kampf zurück in die Nähe eines lebenswerten Gewichtes. In nachhaltiger Einnerung ist mir der junge Mann geblieben, der um alles in der Welt von seinen 240 Kilo herunter möchte, sich aber gegen eine Operation sperrt und sich immer wieder vornimmt Ab morgen nehme ich ab! – Da gibt es eine Stelle, in der er sich zum Essen eine gebratene Ente wünscht. Seine jüngere Schwester, bei der er wohnt, bereitet im Backofen gleich zwei Enten zu. Eigentllich wollten sie eine einzige zu dritt verspeisen. Aber er setzte mit weinerlich-beharrlicher Bettelei durch, dass er einen der beiden Vögel alleine essen durfte. Ab morgen nehme ich ab! sagte er immer wieder, wie beschwörend, mehr zu sich selber als zu seiner Schwester.

Er habe, hiess es am Schluss des Berichts, inzwischen 20 Kilo abgespeckt! Er wiegt nun noch 220 Kilo. Verloren hat er nicht nur an Gewicht.


8/12  Real Loosers

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 16:34

Das TV-Reality-Format The Biggest Looser hat bis vor kurzem auch die deutschen Privat-TV-Sender heimgesucht. Übergewichtige Menschen wurden in eine BigBrother-artige Behausung eingeschlosen, wo sie an Geräten strampeln und ein neues Koch- und Essverhalten lernen mussten. Wöchentlich wurde gewogen und wer am meisten abgenommen hatte, dem winkte am Schluss ein Preis. Wer am wenigsten Pfunde wegschaffte, wurde rausgeschmissen.

Nun ist das kampfmässige Wett-Abnehmen ohnehin ein Unding erster Güte, das jeder vernünftigen Empfehlung zu kontrolliertem Gewichtsverlust widerspricht. Kommt dazu aber noch die mediale Beobachtung durch ein sensationsgeiles Publikum und die Verheissung eines Barpreises von einer Viertelmillion (wie in USA offenbar Standard), so läuft die Sache vollends aus dem Ruder. Das hat eine Analyse bisheriger Shows und das Gespräch mit ehemaligen Teilnehmenden gezeigt.

Diese gaben zu, dass sie, um bessere Sieges-Chancen zu haben, auch „verbotene“ Tricks und Kniffe angewendet hatten, indem sie unerlaubte Präparate schluckten oder sich absichtlich austrocknen liessen, um rascher noch weniger zu wiegen. Eines aber war bzw. ist allen Teilnehmenden gemein: nach dem Ende der Show, wieder draussen im alltäglichen Leben, haben sie das verlorene Gewicht rasch wieder zugenommen – und noch etwas mehr dazu gelegt: Jojo lässt grüssen.

Und was lernen wir daraus? Der Kampf gegen Übergewicht ist – wenn er in Form eines Wettbewerbs ausgetragen wird – ein ungeeignetes Medienthema. Gut vielleicht für die vorübergehende Befriedigung des voyeuristischen Publikumsinteresses (und damit für die Quoten), aber schlecht für jene, die wissentlich ihre Gesundheit aufs Spiel setzten. Und sicher kein Vorbild für Betroffene.