9/3  Diskretion

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:18

Übergewicht ist unübersehbar, in den meisten Fällen. Das unterscheidet Adipositas von vielen anderen Krankheiten, die man ihren Trägern nicht ansieht. Und doch – oder gerade weil das Zurschautragen so öffentlich ist, haben manche Betroffene Mühe, öffentlich darüber zu sprechen. Das wurde mir heute wieder bewusst, als ein Veranstalter sich meldete mit der Frage, ob wir übergewichtige Menschen – wenn möglich auch ein Kind – vermitteln könnten, die bereit wären, an einer Diskussion vor Publikum teilzunehmen.

Die Meinungen gingen auseinander. Ist es richtig, einen Jugendlichen, der durch den Spott seiner Kameraden schon genug zu leiden hat, der Belastung einer öffentlichen Debatte auszusetzen? Ich selber hatte schon positive Erfahrungen gemacht, etwa bei Tagungen in der Alpinen Kinderklinik Davos, aber dort waren die übergewichtigen Kids unter sich, hatten ihre eigenen Erfolgsstories, über die sie nicht ohne Stolz gerne berichteten. Aber wie würde das aussehen in einem „normalen“ Umfeld? Oder wäre es gerade eine Herausforderung, eine Bewährungsprobe?

Die Veranstaltung wird langfristig geplant, wir haben noch Zeit, uns eine Meinung zu bilden. Beispielcharakter könnte ein Auftritt eines Jugendlichen auf jeden Fall haben, Mut machen, eine Veränderung einzuleiten und aus dem Teufelskreis auszubrechen. Das muss nicht diskret geschehen.