20/12  Ein Armuts-Zeugnis

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 16:06

Da war dieser Zeitungsartikel aus dem Aargau. Eine Berufsschule hält in den Zeugnissen ihrer Zöglinge jeweils die körperliche Verfassung fest, indem sie beim Fach „Sport“ den Body Mass Index (BMI) registriert, wenn auch in einer etwas verschlüsselten Form. Damit soll, so die Schulleitung, die physische Entwicklung der Schüler dokumentiert werden.

Was ist davon zu halten? Grundsätzlich: körperliche Merkmale haben in einer Leistungsbeurteilung der Schule nichts zu suchen! Wenn solche Angaben Eingang in das Abschlusszeugnis finden würden, das den jungen Menschen auf seinem ganzen weiteren Berufsweg begleitet, könnte das in höchstem Masse problematisch sein, im Sinne einer Diskriminierung und einer Verringerung der Bewerbungs-Chancen.

Dies würde vor allem jene empfindlich treffen, bei denen ein gravierendes medizinisches Problem die Ursache für Übergewicht oder Adipositas bildet, die sich mit „etwas intensiverem Sport“ nicht einfach beseitigen lässt. Zudem entlarvt sich die Denkweise, die zu diesem Eintrag geführt hat, als eine weitere Verfestigung des simplen Denk- und Argumentations-Schemas: Iss weniger und beweg dich mehr!

Gegen eine systematische Erfassung von gesundheitsrelevanten Daten durch den schulärztlichen Dienst ist nichts einzuwenden, im Gegenteil. Auch eine entsprechende Information und Aufklärung im Unterricht ist absolut begrüssenswert. Aber die entsprechenden Resultate in einem offiziellen Dokument zur Leistungsbewertung (sprich: Zeugnis) festzuhalten, das geht gar nicht.

Offenbar besteht diese Praxis – auch an anderen Lehrinstitutionen – schon länger. Jetzt ist sie publik geworden und hat eine Protestbewegung ausgelöst, die hoffentlich nicht ohne Folgen bleibt. Dann könnte man den zuständigen Behörden wieder ein gutes Zeugnis ausstellen.