25/6  Anti-„Ampel“-Agitation

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 16:23

Es ist ein steiniger Weg. Und die Abwehr beginnt – wie oft – mit einer falschen Benennung: in den meisten Berichten zum Thema „Nutri-Score“ verwenden die JournalistInnen – aus Unbedarftheit oder bewusst irreführend? – den landläufigen Begriff „Lebensmittelampel“. Dabei ist der „Nutri-Score“-Code eben gerade KEINE Ampel. Er „erlaubt“ oder „verbietet“ nichts, er informiert. Und zwar nicht bloss binär im Sinn von „gut“ oder „böse“ (wie konsequent in den Medien behauptet wird), sondern differenziert im Sinne einer relativierenden Empfehlung: wenn man ähnliche Produkte in ihrem kompletten Nährwert-Gehalt miteinander vergleicht, schneiden einzelne gegenüber anderen etwas „besser“ ab… Wer sich auf einen Blick und in kurzer Zeit informieren will, erhält einen orientierenden Hinweis, vergleichbar mit der Bezeichnung der Energie-Kategorie, die auf dem Kühlschrank, dem Kochherd und der Waschmaschine angebracht ist mit den Pfeilen von Grün bis Rot. (Hat hier jemals jemand über eine „Geräte-Ampel“ gejammert?)

In die Ampel-Falle gelaufen ist diesmal am letzten Sonntag ein Mitarbeiter der SonntagsZeitung. Aber auch das Portal der Lebensmittelwirtschaft verwendet den irreführenden Begriff (gezielt?), um die Ampel-Ängste zu schüren. Und im Parlament organisiert sich der Widerstand, indem in Fragestunden und persönlichen Vorstössen gegen das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und dessen Absicht polemisiert wird, die „Nutri-Score“-Kennzeichnung in der Schweiz auf freiwilliger Basis einzuführen. Diese Plumpe Stimmungsmache ist ein Schlag ins Gesicht all jener Gesundheits- und Patienten-Organisationen,  die sich im Interesse der dringend notwendigen Prävention für eine rasche und konsequente Umsetzung einer klaren und einfachen Orientierungs-Kennzeichnung auf verarbeiteten Lebensmitteln einsetzen.

Man fragt sich, welches „Volk“ diese Damen und (vor allem) Herren vertreten, wenn sie das Profitstreben ihrer Klientel über die gesundheitliche Integrität ihrer Wählerschaft setzen. Im Moment fehlt ein deutliches Bekenntnis des Gesundheits-Ministers. Alain Berset hält sich bedeckt und ruht sich aus auf seinem Mini-Erfolg mit der (freiwilligen) Zucker-Reduktion in einzelnen Joghurts um ein paar Bruchteile von Gramms… Ruhe sanft, bis zu den nächsten Wahlen.