26/12  Forsanose macht vollschlank

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 19:48

Die Heizung läuft perfekt, die Sicherungen haben gehalten, jetzt ist es so recht gemütlich im holzgetäferten Stübchen, während draussen die kleinen Schneeflocken zu Boden tanzen und Wiesen und Wälder und die grossen Dächer der nahe gelegenen Bauernhäuser verzuckern.

Es ist die Zeit der Spiele, wenn das Essen abgeräumt ist, die Weingläser gefüllt sind und die Abwaschmaschine diskret und leise plätschernd schnurrt – so viel Zivilisation muss sein! – Eines der Spiele, bei dem Wissen und Fantasie gleichermassen mitmachen können, heisst „Anno Domini“.

Da gibt es eine Anzahl Kärtchen, auf denen ein „Ereignis“ beschrieben ist, das man einer bestimmten Zeit, einem Jahr zuordnen muss. Die Aufgabe besteht nun darin, dass die Spieler reihum ein solches Kärtchen ablegen und diese in eine chronologische Reihenfolge bringen müssen. Zweifelt einer der Mitspielenden die Richtigkeit der Abfolge an, kann er dies kontrollieren, indem auf der Rückseite die Jahrzahlen überprüft werden… Wer bei einem „Fehler“ ertappt wird, muss zur Strafe drei neue Kärtchen aufnehmen…

Es gibt verschiedene Karten-Sortimente: Kultur, Geschichte, Schweiz, Krimi, Lifestyle… und (das ist das Söpiel, das wir machen) „Flops“. Also Erfindungen, die nichts taugten, Entscheide, die verhängnisvoll waren, Ereignisse, die Schaden verursachten… – Auf einem der Kärtchen steht die Aussage: „In der Werbung wird der Slogan verwendet: Forsanose macht vollschlank

Zunächst fassungsloses Staunen darüber, dass ein Nahrungsmittel, das zugegebenermassen dick macht, mit diesem Argument beworben wird! Dann geht das Werweissen an: In welcher Zeit mag das gewesen sein, als die schlanke Linie noch nicht feminines Pflichtfach war? Und wem sollte mit dieser Anpreisung geholfen werden? Und wozu?

Die Karte wird eingeordnet, irgendwo zwischen dem Russlandfeldzug Napoleons und dem missglückten Start einer Sputnik-Rakete… und als es dann ans Aufdecken geht, ist die Verblüffung intakt: Das war eine Plakat-Serie aus dem Jahr 1935, gute alte Vorkriegszeit, und auf dem Bild ist eine junge Frau dargestellt, recht propper anzusehen und solid gebaut, sie guckt strahlend in die Welt und darunter steht in schön altmodisch verschnörkelter Schrift: „Er hat sie geheiratet.“ – Waren das noch Zeiten!