7/1 Dicke Kinder in der EU
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 22:52 |
Was dem mehr oder weniger regelmässigen TV-Zufalls-Gucker schon lange aufgefallen ist, das wird nun durch eine Studie bestätigt, die von der deutschen Herzstiftung im Dezember publiziert worden ist und auf die ich heute beim Surfen gestossen bin.
Auch bei uns haben Untersuchungen an Schulkindern gezeigt, dass mehr als ein Fünftel der Kids bereits übergewichtig sind, wie im restlichen Europa auch. In verschiedenen Ländern wurden – im Rahmen eines Projekts, das von 20 nationalen Herzstiftungen getragen und von der Europäischen Kommission finanziert wird – die verschiedenen Werbeträger und die entsprechenden gesetzlichen Grundlagen analysiert und miteinander verglichen.
So wurde z.B. registriert, dass auf gewissen TV-Sendern pro Stunde bis zu 20 Werbespots gesendet werden, in denen für Lebens- und Genussmittel mit meist hohem Fett- oder Zuckergehalt geworben wird. Dabei werden Formen gewählt, die sich möglichst nah an die Erlebniswelt der Kinder halten. Das Fernsehen ist nach wie vor das einflussreichste Werbemedium, aber Sponsoring und Werbung in den Schulen nimmt im gleichen Masse zu, wie bei der öffentlichen Hand gespart wird. Erst im Aufbau befindet sich die Werbung im Internet.
Rechtliche Grundlagen, um die Kinder vor schädlichen Einflüssen der Werbung zu schützen, sind keineswegs einheitlich. In Norwegen und Schweden ist TV-Werbung, die sich an Kinder unter zwölf Jahren wendet, verboten. In vielen Ländern gibt es Ansätze zur freiwilligen Selbstkontrolle und zur Regelung durch entsprechende Gremien. Noch gar nicht oder kaum geregelt ist die Werbung im Internet.
Die Verfasser der Studie sind sich einig: Die Kinder müssen vor den aggressiven Marketingpraktiken der Lebensmittelindustrie geschützt werden. Und weil die meisten Programme grenzübergreifend verbreitet werden, ist eine europaweite Absprache zwingend. Eine Reihe von Forderungen werden aufgestellt:
– an Kinder gerichtete TV-Werbung für „ungesunde“ Lebensmittel soll verboten werden
– Massnahmen zum Schutz vor andern Werbeformen sind nötig
– es braucht eine gemeinsame EU-Definition für „ungesunde“ Lebensmittel
– es braucht wirksame Strukturen für die Kontrolle der Werbung
Den Verfassern der Studie ist klar, dass damit nur auf die „Input“-Seite bei der Energie-Balance eingewirkt wird und dass auch die regelmässige körperliche Bewegung der Kinder gefördert werden muss. Aber diese „europa-gemeinsame“ Erkenntnis ist ein guter Anfang!
Ich höre schon das Anti-EU-Zetermordio unserer vaterländischen Isolationisten. Und dass sie weniger Staat möchten. Und mehr Freiheit für den wirtschaftlichen Wettbewerb. Dass sie dafür unter anderem auch die Früh-Verfettung der Kinder und Jugendlichen in Kauf nehmen, steht in keinem Parteiprogramm.