14/1 Meine Stimme für Francesco
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 22:26 |
Es war ein relativ betriebsamer Samstag. Eigentlich hätte ich vom Büro aus eine Dokumentation an 20 Sitzungsteilnehmer verschicken wollen, die ich am Donnerstag dann auf ein gemeinsames Projekt im Nonprofit-Bereich einschwören möchte… aber das Verfasserteam hatte den Text noch nicht bereinigt. So blieb mir ein unerwartet „freier“ Tag und der wurde zum Einkaufen genutzt. Aber das ist eine andere Geschichte.
Am Abend jedoch, etwas abgekämpft von Irrfahrten durch Parkhäuser, auf der Suche nach Mobiliar und Ausstattungsgegenständen zwischen Brockenstube und Grosseinkaufszentren und Transporten von sperrigen Gegenständen zu ihrem Zielort… Abends jedoch dann der Wunsch nach einer kleinen kulinarischen Belohnung bzw. Entspannung.
Und da galt der Gang einem Geheimtipp: Da Francesco ist ein eigentlich unscheinbares Lokal im winzigen Bahnhofsgeäude bei der S-Bahn-Station Zürich-Seebach. Die Station verdient diesen Namen kaum noch, sie ist unbemannt, wird zwar von Pendlern genutzt, steht aber ein wenig im Niemandsland, am Rande der Architektur-Explosion namens „Neu-Örlikon“ und hinter den verschiedenen Geleisen, nicht ganz in Seebach… Agglo eben.
Aber das Lokal hat es in sich. Es gehört gastronomisch zur Dynastie mit dem verheissungsvoll klingenden Namen Cavaliere Michele Calleri. Das ist eine Familie aus Sizilien, die sich vor vierzig Jahren in der Schweiz etabliert hat, mit einem kleinen Essiggurkenhandel begann und sukzessive expandierte, das Geschäftsfeld erweiterte, sich ihre eigene Nische schuf, im wahrsten Sinne des Wortes: Jahrelang betrieb sie ein Lokal in einem der Bögen unter dem Eisenbahnviadukt im Kreis 5, bis sie, von dort vertrieben, auf der Suche nach einem neuen Standort in die Wildnis von Zürich Nord geriet.
Eine italienische (pardon: sizilianische) Trattoria wie aus dem Märchenbuch. In der Küche hantiert die Nonna, Hüterin der traditionsreichen Rezepte, und kocht Pasta und Salse, bäckt täglich ofenfrische Spezialbrote, am Stammtisch sitzt der Nonno, der Filio (Francesco) und seine Moglie führen das Geschäft, und der kleine Enkel krabbelt zwischen den Tischen herum… An den Wänden brechend volle Regale mit allen Köstlichkeiten der mediterranen Küche, ein Wein-Regal, Aceti Balsamici die wie Sirup schmecken, und Dolci… von der Auslage mit den Antipasti und den wunderschönen, blank angeschnittenen Würsten ganz zu schweigen.
15 Franken kostet das Menü, hausgemachte Ravioli mit Trüffelöl und verschiedenen, selber fabrizierten Saucen, davor Bruschette als Vorspeise und ein Tomaten-Mozzarella-Salat, der sich im Mund zum Gedicht entfaltet. Ok, den Wein muss man extra bezahlen… Aber was schreibe ich da? – Es sind alles beste, gesunde, frisch zubereitete Gerichte, serviert und empfohlen mit einer spürbaren Leidenschaft für das Gute und für den Genuss.
Da nimmt man in Kauf, dass nicht alle Zutaten den strengen Regeln des aktuellen Regimes enstsprechen. – Ich habe dann zuhause am Radio gehört, dass Peter Sauber „Schweizer des Jahres“ geworden sei. So what? Wenn es eine Kategorie für erschwingliche aber perfekte und genussvolle Verpflegung gäbe, ich hätte für Francesco gestimmt.