7/2 Nur keine Gesetze!
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 18:02 |
Den zweiten Tag im Übergewichts-Symposium vom EUROFORUM der HandelsZeitung eröffneten zwei Präsentationen aus dem Nachrungsmittelbereich: Franz Schmid von der Föderation Schweizerischer Nahrungsmittel-Industrien (fial) legte dar, dass in seiner Organisation das Thema Fettleibigkeit seit vier Jahren ein „Issue“ ist, ein Thema also, zu desen Behandlung eine spezielle Arbeitsgruppe eingesetzt wurde. Bei einer internen Umfrage haben 32 (von 202) Mitglied-Firmen erklärt, sie wären bereit, über selbstverantwortete Werbe-Einschränkungen „zu diskutieren“. Er machte aber auch klar, wie schwierig die Umsetzung bestimmter Massnahmen bei der Deklaratoin für kleinere Anbieter sein könnte. Und kein Weg führt daran vorbei, dass der mündige Konsument seine Eigenverantwortung wahrnehmen muss…
Mustergültig und beeindruckend zeigte Christiane Kühne, Leiterin der „Corporate Wellness Unit“ von Nestlé, auf, was die Nummer eins im Foodbereich weltweit an strategischen Vorkehrungen getroffen hat, um den neuen Herausforderungen an einen bewussteren Umgang mit dem Lebensmittel-Verzehr nachzukommen. Anhand von internationalen Beispielen erläuterte sie die Möglichkeiten einer lesbaren und verständlichen Nährwert-Deklaration und die transparente Kommunikation (wobei als Beobachter zu sagen ist, dass „man“ von all dem bisher noch nicht Vieles bewusst wahrgenommen hat…).
Marketingmann Ingo Barlevic, dessen Institut auf die Marktforschung in jungen Zielgruppen spezialisiert ist, erläuterte verblüffende Erkenntnisse über die Reaktionen von Kindern und Jugendlichen auf Werbebotschaften und widerlegte anhand seiner Studien die gängige Meinung, Werbung trage „Schuld“ am kindlichen Übergewicht; die Kleinen sind offenbar „werbe-resistenter“, als die besorgten Kindeschützer bisher angenommen haben. – Spannend die Darlegungen von Kathrin Rapp Schürmann (coop) und Daniel Hug (Weight Watchers) zur Ernährungs-Politik des Grossverteilers und über erste Erfahrungen aus dem Zusammengehen der beiden Unternehmungen, wobei es Weight Watchers ein Anliegen ist, sich nicht nur als Gewichtsreduktionsprogramm für Adipöse zu positionieren, sondern generell all jene anzusprechen, die ihr gesundes Körpergewicht behalten möchten.
Mit z.T. provokativen Thesen mischte der Kommunikationsprofi Roland Bilang von der PR-Agentur Burson-Marsteller die Runde auf: Die Lebensmittelproduzenten müssten in die Offensive gehen, aktiv informieren, „Meinungen“ herstellen und beeinflussen, denn: „Es sind nicht die Tatsachen, die das Verhalten der Menschen bestimmen, sondern die Meinungen über die Tatsachen.“ – Zuim Abschluss informierte der Jurist Markus R. Frick über die Rechtslage in der Schweiz, über bereits bestehende Regelungen, was die Namensgebung, Anpreisung und Deklaration von Lebensmitteln betrifft.
Aus den verschiedenen Diskussionsrunden zu den einzelnen Themen wurde dreierlei klar: 1. es war nötig, dass die verschiedenen „Player“ einmal zusammengekommen sind; 2. der Dialog muss unbedingt konstruktîv fortgesetzt werden, die Bereitschaft dazu ist überall spürbar; 3. nur mit gemeinsamen Anstrengungen und innovativen Lösungen in eigener Verantwortung kann vermieden werden, dass auf dem Gesetzesweg restriktive Regelungen eingeführt werden müssen.
Ich habe mich an dieser Stelle schon verschiedentlich mit der Frage der freiwilligen Selbstbeschränkung befasst und würde sie – im Prinzip – noch so gerne unterstützen. Aber die Diskussion hat auch gezeigt, dass nach (allzu) langer „Vorlaufzeit“ nun jemand die Initiative ergreifen muss, um die richtigen Akteure an einen neutralen „runden Tisch“ zu laden und um einen Plan für ein koordiniertes weiteres Vorgehen zu erarbeiten. Wir von der Adipositas-Stiftung SAPS sind bereit, in einem solchen Prozess mitzuwirken.