9/8  Das Ohr isst mit

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:41

Haben Sie die TV-Werbung mit den Crack-frischen Zweifel-Chips im Auge und im Ohr? Dann ist das so gewollt. Denn die Lebensmittelhersteller gehen mehr und mehr dazu über, ihre Produkte so zu designen, dass sie beim Verzehr frisch, sympatisch und so klingen, dass man noch mehr davon hören möchte….

Ein äusserst spannender Bereicht von Stern-TV auf RTL: da wurde gezeigt, wie am „Sound“ eines Nahrungsmittels herumgebastelt wird, bis er optimal den Erwartungen der Konsumenten entspricht. Das Dumme daran ist nur, dass wir eigentlich gar nicht wissen, was unsere Erwartungen sind! Das läuft alles über die Schiene des Unterbewussten ab und unser Kau- und Kauf-Verhalten wird bestimmt von diskreten Impulsen, die in uns drin sind oder die man uns angewöhnt hat.

Da gehen die Tontechniker in die freie Natur und nehmen möglichst originalgetreu das Geräusch vom sprudelnden Bergbach auf… um dann im Labor mit allerlei Tricks darauf hin zu arbeiten, dass das Mineralwasser XY beim Einschenken ins Glas genau den gleichen Klang reproduziert, der die Illusion von Frische, Unberührtheit und Natur erzeugt… – Oder es wird eine Kombination aus Waffel, Nüssen, Schokolade und Zucker so konstruiert, dass sie beim Beissen und Kauen so anmutig knackt und knistert, dass einem quasi das Wasser im inneren Ohr zusammenläuft. – Und die Versuche mit Testpersonen sind verblüffend: wird dieser Knusperkern (woraus auch immer er besteht) in ein ein Waffeleis integriert und wird dann die gleiche Eis-Sorte mit verschiedenen Einlagen verkostet, so schneidet der Knusperkern auffallend oft am besten ab…

Verschiedene Nahrungs-Geräusche richtig zu identifizieren ist gar nicht einfach: beisst da jemand in ein Rüebli? eine Gurke? ein Pommes-Chips? Wird da Sprudelwasser ins Glas eingeschenkt? oder Bier? oder Milch? – Müsste doch leicht zu erkennen sein.

Probieren Sie’s: hier finden Sie den interaktiven Hörtest. 21 verschiedene Geräusche gilt es den entsprechenden Begriffen zuzuordnen. – Ich habe 13 davon richtig erkannt. Das sei ein „guter“ Wert, wurde mir beschieden, und wenn ich das Resultat anschaue, bin ich selber überrascht von meiner Konsequenz: da es sich um ein Multple-Choice-Verfahren handelt, bei dem man aus drei Antworten auswählen kann, und da alle Begriffe irgendeinmal drankommen, gibt es bei jeder „falschen“ Antwort automatisch eine falsche Gegen-Antwort… so dass ich mich bei 8 „Fehlern“ effektiv nur viermal „vertan“ habe… – Fazit: es lohnt sich, sich den Lebensmitteln mit wachen Sinnen zu nähern und auch kritisch zu „hinterhören“, wohin man uns mit dem Nahrungs-Sound-Design (ver-)führen will.