4/9 Die Englische Ampel
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 21:37 |
Alle reden darüber, die Food-Konzerne fürchten sie… aber wie sieht sie aus?
England hat für die Information der Konsumentinnen und Konsumenten eine Ampel-Deklaration eingeführt: Rot – Orange – Grün. So einfach ist es. Und die Farben bedeuten: hoch – mittel – tief… bezogen auf den prozentualen Anteil der jeweiligen Substanz in 100 Gramm des entsprechenden Produkts. – Angegeben werden die Werte für Fett, Eiweiss, Kohlenhydrate, Salz.
Wenn es also auf der Packung rote Punkte hat, dann weiss der Konsument, dass er aufpassen muss. Nicht, dass er das Produkt überhaupt nicht kaufen und essen sollte, aber er realisiert, dass er „dosiert“ damit umgehen muss: Keine allzu grosse Menge. Orange geht gerade noch, das kann man bedenkenlos auch nehmen… und grün ist der Hinweis, dass man eine gesunde Wahl trifft. Natürlich enthalten die meisten Lebensmittel einen farbigen Punkte-Mix, denn es kommt am Schluss auf die Ausgewogenheit der Bilanz an.
Aber wenn man verschiedene Produkte miteinander vergleicht, dann sieht man sofort, dass dasjenige mit „mehr grün“ auf jeden Fall die „gesündere Wahl“ ist. – Die Engländer haben das rasch begriffen. Schon weinge Wochen nach der Einführung dieses Systems ist der Verkauf bestimmter Produkte um mehr als 40 Prozent zurückgegangen. Andere, mit mehr grünen Punkten, haben sofort zugelegt.
Die Lebensmittelindustrie in Grossbritannien ist in Aufruhr. Die fünf grössten Produzenten – Kellogg’s, Nestlé, Kraft, Danone und Pepsico – haben sich zusammengetan, um in einer gross angelegten Werbekampagne ihre eigene Deklaration zu propagieren und so die Vorschriften der Regierung zu unterlaufen. Die Lösung der Food-Produzenten informiert darüber, wie viel vom täglichen Bedarf der einzelnen Nahrungs-Bestandteile in einer Portion enthalten ist… (vom gleichen Prinzip geht auch die Deklaration bei McDonald’s aus, wir erinnern uns).
Dieses System aber, da sind sich die Beobachter einig, ist wesenltich „anspruchsvoller“ als die farbige Ampel. Es verlangt eine kognitive Anstrengung, man muss umrechnen, den Dreisatz können… erst durch die Berechnung wird die „Aussage“ überhaupt nachvollziehbar. Und was am meisten zu Buche schlägt: während man sogar einem kleinen Kinde den Farb-Code leicht erklären kann (es kennt seine Bedeutung von der Verkehrsampel her bereits), hat man mit dem prozentualen Tagesbedarfs-Anteil bei Kindern absolut keine Chance. – Und so muss denn das von der Industrie forcierte System zwangsläufig gerade dort versagen, wo es am dringendsten nötig ist bzw. wäre, rasch und wirkungsvoll eine Lenkungsmassnahme zu implantieren!
Die Food-Industrie in England beklagt sich über Tony Blair und wirft ihm und seinen Leuten vor, man würde die Industrie zum Sündenbock für die Adipositas-Epidemie stempeln… – So, wie sich ihr eigener „Code“ im Blick auf die Wirksamkeit bei Kindern auswirkt, wird die Sündenbock-Rolle offenbar durchaus aktiv gespielt. Die Frage bleibt, wie lange die Konsumenten sich das bieten lassen.