4/12 Die Un-Diät
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 22:34 |
Eine Diät, die gar keine ist, ist wie ein schwarzer Schimmel. Oder so ähnlich. Die Kunde kommt natürlich aus Amerika. Auch dort hat es sich herumgesprochen, dass vor immer neuen Wunderdiäten gewarnt wird. Und auch dort beginnt sich die Erkenntnis auszubreiten, dass es müssig ist, auf die Wunderpille zu warten, die uns schlank macht, ohne dass wir selber dazu beizutragen hätten.
Also muss es doch noch irgend etwas anderes geben, das weder eine Diät noch eine Pille ist und das man den heilsgläubigen Dickerchen gegen gute Dollars verkaufen kann… was mag das bloss sein?
Eben: die Un-Diät, in Form eines Sprays! Und weil ein Spray allein etwas gar mickrig wirkt, gibt es grad deren drei: drei handliche kleine Zerstäuber, die in jede Tasche passen, und deren Inhalt unterschiedlich zusammengemixt ist. Der erste – er heisst Weightshield (Abwehrschild gegens Gewicht) – wird am Morgen vor dem Frühstück in den Mund gesprayt und soll den Stoffwechsel in Schwung bringen und die Fettverbrennung ankurbeln. – Der zweite – er heisst Appease (beruhigen, beschwichtigen) – wird vor dem Abendessen eingesprüht und soll den Appetit dämpfen mit Stoffen aus dem Hoodia-Kaktus, den die Buschmänner seit tausend Jahren benutzen, und aus Citrin K, dem sagenhafte gewichtsreduzierende Fähigkeiten nachgerühmt werden. – Der dritte Spray heisst Simply Trim (was man mit „einfach perfekt“ übersetzen könnte) und enthält einen schillernden Mix aus allen Substanzen, die irgendwie mit Gewichtsabnahme in Verbindung gebracht werden, und den soll man mittags benutzen und überhaupt immer, wenn einem während des Tages nach Essen gelüstet.
Präsentiert wird UnDiet auf der entsprechenden Website von knackigen jungen, nabelfreien Damen, die sofort den Gedanken wecken, dass genau so auch aussehen wird, wer sich das Zeugs nur kräftig in Mund und Rachen sprüht. – Lukrativ ist es allemal, kostet doch ein Dreierset der Sprays knapp 70 Dollar, und soll eine Woche halten,
Mir wird schwindlig, wenn ich mir vorstelle, mit welch hoffnungsvollen Gefühlen zig-Tausende von Adipösen nach diesem Strohhalm greifen mögen… da fällt mein Blick zum Glück im Wörterbuch noch auf eine weitere Bedeutung des Ausdrucks „trim“: amerikanisch/familiär bedeute dies so viel wie „übers Ohr hauen„… Simply Trim, bei jeder Gelegenheit. Ein ehrliches Motto!
PS: Ich mag auch gar nicht daran denken, was so eine Sprayerei mit all diesen aromatisierten Sonderstoffen auf der Zunge und in der Mundschleimhaut anzurichten vermag. Im Schmauen-Kurs hat man mir erklärt, dass die Geschmacks-Wahrnehmungs-Zellen im Mund die sensibelsten Nerven sind und dass zum Beispiel schon das Rauchen eine richtige Aroma-Empfindung gefährden kann… ich bin eben dabei, den vielfältigen Reichtum alltäglicher Speisen neu zu entdecken… völlig ungetrimmt.