17/12  Passivessen

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:54

Ein Thema hat es geschafft, wenn es Gegenstand der Satire geworden ist. Dann ist es so geläufig und bekannt, dass man es als tragende Grundlage für einen Witz benutzen kann.

So hat es das Problem einer Regulierung des Essverhaltens am Sontagabend in die öffentlich-rechtliche Satire-Sendung Punkt.CH gebracht: Ein Restaurant ist zu sehen, darin sitzen die Gäste vor leeren Tischen, und der Sprecher teilt mit, dass der Bundesrat in allen öffentlichen Lokalen ab sofort das Essen verboten hat, aus Rücksicht auf die Gesundheit und um allen andern das Passivessen zu ersparen.

Und wer seine Ess-Sucht so wenig im Griff hat, dass er ihr dennoch frönen muss, der hat sich nach draussen zu begeben, an den Strassenrand und in die Kälte, um dort stehend sein Schnipo und seinen Burger hinunterzuschlingen. – Ein Horrorszenario für alle liberal empfindenden Menschen, die es jedem Bürger frei stellen wollen, sich auf die ihm passende Weise umzubringen, solange dadurch niemand sonst in Mitleidenschaft gezogen wird.

Es lohnt sich, noch etwas über das Wort „Passivessen“ nachzudenken. Wer sind sie denn, die PassivesserInnen? Es sind Leute, die sich vorgenommen haben, ab sofort auf ihr Gewicht zu achten, nichts mehr zu essen, was zu viel Fett oder zu viel Zucker hat, keine Schöggeli zwischendurch, keine Weihnachtsguetsli, keine Spanischnüssli… und dann kommt einer daher und bietet diesen ein Praliné an, oder er bestellt laut im Wirtshaus ein Dessert, oder er schöpft sich so genüsslich den Teller voll, dass dem andern das Wasser zuerst im Mund, dann in den Augen zusammenläuft… und er greift schliesslich zu, bedient sich, isst, schluckt… Was solls? Morgen ist ja auch noch ein Tag…

Schade, ist der Begriff nicht in Umlauf gekommen, bevor man das Wort bzw. das Unwort des Jahres gesucht hat. Er hätte eine gute Chance gehabt.