29/12  Farmer Frankenstein

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 21:49

Mein Schulkollege Georg S. hatte eine thematische Fixierung. Er stammte aus einer Bauernfamilie im behäbigen Berner Mittelland und seine Leidenschaft galt der – damals noch kaum erforschten – künstlichen Besamung. Wann immer wir eine schriftliche Arbeit zu verfassen hatten, ob in Deutsch, Französisch oder Englisch – nach einer halben Seite hatte er den Übergang geschafft und war bei „seinem“ Thema angekommen. Nach der Matur widmete er sich der Materie hauptamtlich und landete schliesslich als Sachbearbeiter im Bundesamt für Vetereinärwesen.

Heute ist die Pionierphase in der „KB“ überwunden und diese gehört zum eingespielten und unverzichtbaren Alltag in der Viehzucht. – An Georg musste ich denken, als ich heute die Nachricht gehört habe von der Zulassung von „geklontem“ Schlachtvieh zum Fleischmarkt in Amerika. Die entsprechenden Regelungen der FDA (Food and Drug Administration) sind zwar eindrücklich und umfassend… aber seien wir ehrlich: irgendwie beschleicht uns ein Gruseln beim Gedanken, dass die industrielle Fleischproduktion nun offenbar wieder einen Schritt weiter ist.

Jetzt geht es nicht mehr um die Frage, ob bei der Zucht auf tiefgefrorenes Sperma eines Super-Erbgut-Trägers zurückgegriffen wird, sondern darum, dass das künftige Speise-Protein unter totaler Umgehung eines Zeugungsaktes direkt in der Petrischale reproduziert wird… Sind es dann noch tierische Körper, die sich da aus Zellen bilden, oder werden die Koteletts direkt ab Stange geerntet und die Filets aus dem Solebad gefischt?

Ich hatte einen Bekannten, dem es vor rohem Fleisch grauste und der sich nur mit der Phantasie behelfen konnte, dass Bratwürste und Cervelats überhaupt nichts mit toten Tieren zu tun hätten, sondern direkt auf besonderen Bäumen wüchsen.. ein wahrlich prophetischer Mensch, sind seither doch gut fünfzig Jahre vergangen.

Angenommen aber, es geht auch hier wie mit allem: einmal eingeführt, lässt sich die neue Technologie nicht mehr aufhalten und pflanzt sich gleichsam von selber weltumspannend fort, dann böten sich doch ungeahnte Möglichkeiten, schmackhaft-fettfreie Köstlichkeiten (geht das überhaupt?!?) heranzuzüchten, nahrhaft und schon gespickt mit allen wertvollen Aufbau- und Abwehrstoffen, so dass wir bis an unser selig Ende gesund leben könnten, und erst noch in Einklang kämen mit dem schlechten Gewissen, denn nun müssten unsere vierbeinigen Brüder und Schwestern nicht mehr unter schlimmen Bedingungen darben und leiden, nur um unseren Appetit nach Fleisch zu stillen.

Es begänne das wahre Paradies auf Erden, freie Lebewesen könnten sich arglos in der Natur mit gegenseitigem Respekt und ohne Furcht begegnen… vielleicht gäbe es irgendwo in einem abgelegenen Bergtal noch einen unverbesserlichen Produzenten von Kobe-Beef, der dies natürlich illegal unter seine Kunden bringen würde, bis ihm die Liga FKV – Free Kobe Victims – das Handwerk legen würde, nachdem ein unerschrockener Dokumentarfilmer mit versteckter Kamera sein tierverachtendes Treiben dokumentiert hätte… – Give Beef a Chance!