6/2  Kein Entrinnen?

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 22:36

Das ist die gute Nachricht: letzte Woche hat das europäische Parlament einen Bericht verabschiedet, wie der Adipositas zu begegnen sei. Dieser folgt in vielen Punkten den Empfehlungen, die von der Gesundheitsministerkonferenz der WHO in Istanbul im vergangenen November beschlossen worden sind.

Damit kann die Schweiz jetzt endlich handeln. Die zuständigen Instanzen haben in letzter Zeit immer wieder durchblicken lassen, dass es kaum lohne, aus eigener Initiative zu viel zu unternehmen, wenn ja dann doch konkrete Massnahmen auf europäischer Ebene vorgeschlagen würden. Das wird nun im Detail zu betrachten sein.

Wesentliche Inhalte sind:
– dass Adipositas endlich überall offiziell als Krankheit anerkannt wird
– dass die Nahrungsindustrie dazu angehalten werden soll, freiwillig auf Werbung für bestimmte Produkte zu verzichten, die sich an Kinder richtet (der entsprechende „Entscheid“ von Masterfoods, von dem gestern hier die Rede war, ist also nicht ganz ohne Anlass erfolgt…)
– wenn dies nicht geschehen sollte, müssten Richtlinien erlassen werden
– Verbraucher-Aufklärung wird gefordert
– ebenso eine Motivation zu mehr Spiel und Bewegung für Kinder
– und ernährungsbewusste Angebote in der Schul-Verpflegung

Wird jetzt alles gut? Läuft jetzt die Anti-Adipositas-Maschinerie mit europäischer Präzision ab und sorgt für klare Verhältnisse und eine Trendumkehr? – Wenn es denn nur so einfach wäre! Im Alltag umzingeln uns weiterhin Fallstricke, die Konsequenz und individuelle Reaktion erfordern. Und das läuft ganz still und leise ab:

Quasi über Nacht ist im Bahnhof Oerlikon, den ich täglich zweimal passiere, am Eck in der Unterführung ein neuer Stand der Firma Brezelkönig installiert worden. Und da liegen sie nun in der Auslage, die dunkelbraunen, frisch ausgebackenen Laugenbrezeln, mit allerlei Zutaten bestreut, gefüllt mit Käse, Salami, Schinken, gebuttert… Ihr verführerischer Duft durchströmt den ganzen Bahnhof und weht bis auf die Strasse (wo noch der mobile Schoko-Gipfel- und Latte-Macchiato-Stand steht). Neben den Brezeln liegen die Laugensandwiches und steht die Hot-Dog-Maschine… und die Passanten bilden eine Traube, auf ihrem Weg zum und vom Zug, und ich frage mich: haben die daheim kein Frühstück gehabt? und kriegen sie kein Abendbrot?

Oder ist diese fliegende Verpflegung im Bahnhofs-Durchgang nur ein weiterer zusätzlicher Snack, um die Zeit bis zur nächsten Hambugerbude (McDonald’s und Burger King sind in wenigen Schritten zu erreichen) zu überbrücken? Dass Laugenprodukte punkto Nährwert-Gehalt unter den Backwaren nicht den besten Platz belegen, ist bekannt… Dass ihr Inhalt bei Manchen relativ rasch auf der Hüfte landen wird, dürfte Tatsache werden.