21/2 Vogelperspektive
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 23:13 |
Im klassischen Sinn bedeutet das Wort: dass man von schräg oben auf etwas hinunterschaut. In einem bildlicheren Sinn verstanden, kann es bedeuten, dass man beim Drüberhinwegfliegen auf etwas hinunterschaut. Und weil man dabei in der Regel ziemlich weit oben ist, können die, auf die man hinunterschaut, einem auch nichts anhaben, wenn man zum Beispiel frech ist oder sich gar erlauben sollte, auf die dort unten zu kacken.
Lieder aus der Vogelperspektive nennt sich ein unterhaltendes Programm im Untertitel, das zur Zeit und noch bis zum 3. März im Zürcher Hechtplatztheater gastiert. Heinz de Specht heisst die Darbietung, mit der drei junge, multimusikalisch sprach- und gesangsbegabte Männer auf der Bühne stehen. Es ist ein Hochgenuss, ihnen zuzuhören, und ich kann es der verehrten LeserInnenschaft nur empfehlen, rassig zu reservieren, ehe Christian Weiss, Daniel Schaub und Roman Riklin im Vogelflug weitgergezogen sind.
Ihr Liedgut signalisiert Vertrautheit. Melodisch und stimmlich erinnert es oft an das Pfannestil Chammersexdeet. Und inhaltlich kommt es unverschämt bodenständig daher, mit ausgekocht trivialen Substanzen, hinter denen sich Abgründe im Alltag auftun, die wir selber schon wieder und wieder erlebt haben: am Kassenlaufband im Supermarkt, im Mietshaus mit Haus- und Waschküchenordnung, im Umgang mit Freunden und Befreundeten, im täglichen Gebrauch der kleinen Hilfsmittel…
Die Vogelperspektive zeigt von oben, wie klein und gleichsam unbedeutend doch das alles auch ist, was uns nervt… und plötzlich fliegen wir selber mit den Vögeln, dort, unter den Wolken… – Ja, einmal oder mehrmals klingt auch die Frage nach dem idealen Körper und dem Traumgewicht an, aber sie geht wieder vorbei, ist unerheblich.
Am meisten hat mich ein stillen Song am Ende gepackt, neben allen Parodien und Balladen und verspielten Überraschungen: nachdem das Publikum eine Zugabe nach der andern erbettelt hatte, kam als Schlusslied, mit einer traurig-monotonen Melodie die Aufforderung an Gott, den Schöpfer, sich nichts draus zu machen, dass sein Projekt nach der Evolution aus den Fugen geraten sei… zum Glück sei er ja in seinem Game immer noch auf Level Eins und könne jederzeit einen neuen Jeton einwerfen und das Spiel nochmals beginnen. – Wenn das kein Trost ist?
Ja – irgendwie tröstend ist’s…
aber so wie ich unseren und unserer Erde Schöpfer kennen gelernt habe, möchte er gerne mit uns Geschichte machen – und wartet zu mit dem neuen Jeton einwerfen.
Sehen wir uns am Montag im King’sKurry, dann könnten wir (wieder mal) austauschen und auch gemeinsam nach- und weiterdenken(ferienbedingt im etwas kleineren Kreis)?