2/4 Heisse Hände
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 22:43 |
Es war ein Geschenk zu meinem letzten Geburtstag. Jemand, der mit wohl wollte, hatte mir einen Gutschein zukommen lassen für eine Stunde Massage nach freier Wahl. Gut, gewisse Techniken waren ausdrücklich nicht im Angebot, aber es gab eine breite Auswahl von Formen: von klassisch über die Dorn-Methode, Sport-, Fussreflexzonen-, Thai-, Aroma- bis zur Polarity-Massage und Reiki.
Ich entschied mich für die beiden letzten: eine Kobination aus Polarity und Reiki. – Es war eine gute Wahl und ein besonderes Erlebnis. Ich musste mich auf eine zugedeckte Matte am Boden legen… eine Vorsichtsmassnahme, da der Massagetisch nur bis 150 Kilo geprüft war und ich schon früher mal solche Einrichtungen zum Einkrachen gebracht hatte… Dann wurde ich meinerseits mit einem Tuch zugedeckt, eine sphärisch-ruhige Musik ertönte, die Beleuchtung wurde abgedunkelt und es ging los.
Es war nicht das, was man als Massage gemeinhin kennt. Nicht dieses fordernde Durchkneten der Muskulatur und aufknacken von Verspanntheit, lockern der Gelenke und so… es ging um Ströme, Spannung, Wärme. Ganz still und behutsam wurden die Hände des Therapeuten zuerst in die Nähe des Kopfes gebracht, ohne ihn zu berühren. Millimeterweit entfernt nur, aber mit einer strahlend verströmenden Wärme, die sich auf alles übertrug, die ganze Körperregionen durchdrang, gewissermassen in einen anderen Zustand versetzte… nicht betäubte, obwohl irgendwie das Gefühl aufkam, der Körper gehorche nur noch seinem eigenen Willen, lasse sich nicht mehr bewusst beeinflussen, atme wie von allein, regelmässig, behutsam und doch so tief, dass genügend Sauerstoff in die Lunge kam. Jede kleinste Regung, Schlucken, die Finger verschieben, war, als müsste man einen fremden Organismus gegen dessen Willen bewegen, so ungewohnt
Unendlich lange verharrten die Hände ruhig und wäremd über einer Stelle, bewegten sich dann unmerklich weiter, aber die Wärme klang noch nach, als wäre die Erinnerung daran der Haut und dem Körper eingeprägt… weiter über Brust, Bauch, Beine bis zu den Füssen, und wieder nach oben, eine Reise der sanften, berührungslosen Art, kein Druck, kein Ziehen und Klopfen… einfach nur diese Nähe, diese Ausstrahlung wie von Energie und Kraft.
Ich habe nicht geschlafen in dieser Stunde. War immer wach, fast etwas ausser mir, mit geschlossenen Augen sehend, mich beobachtend: was macht dieser schwere Körper hier, der plötzlich sein Gewicht verloren zu haben scheint, nicht schwebend, aber irgendwie aufgelöst, in einen Zustand des Wolkeseins… und doch dem Fussboden verbunden, auf dem er lag. – Als die Session vorbei war, brauche ich einige Zeit, um zu mir sebst zurück zu finden. Es war noch alles von mir da. Ein wenig der Leichtigkeit war geblieben. Ich rappelte mich hoch und erlebte, wie die Körperlichkeit sich wieder einfand. Viel zu schwer, wie immer… und ein verwegener Gedanke blitzte durch mein Gehirn: wie wäre es, wenn diese wärmenden Hände das allzu viele Fett zum Schmelzen bringen könnten..?