15/6  Rotweinschock

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 20:58

So kann man scih täuschen! Heute Morgen, noch vor dem Frühstück, gabs die erste Theorielektion der Klinikleitung. Ziele, Regeln, Erwartungen, Lehren, die zu ziehen sind. Eine Aussage hat uns schwer geschockt: während die landläufige Meinung ja ist, dass ein kleines Gläslein in Ehren auf Dauer fürs Herz eine gute Wirkung habe, sagte der Chefarzt klipp und klar und mit Nachdruck: Wein ist für Herzpatienten das reine Gift und muss gemieden werden.

Hoppla. Haben wir da vorher etwas verpasst? Die Botschaft ist angekommen, wenn auch einen gemütlichen Abend zu spät. Ab sofort heisst es: totale Abstinenz und kein Missgriff mehr! Gute Laune lässt sich ja auch anderweitig erzielen. Und tatsächlich werden wir in handlichen Lektionen vorsichtig herangeführt an uns selber, unsere Körper und deren Bedürfnisse, die wir vielleicht vorher zu wenig ernst genommen oder vernachlässigt haben. Stille und Ruhe. Meditatives Eingehen auf die neue Realität, wie sie sich für die meisten von uns nach einem schweren Eingriff eingestellt hat.

Wir lernen atmen. Von Grund auf machen wir uns bewusst, wie das Lebenselixir Luft und mit ihm der Sauerstoff in unseren Körper einströmt, wie wir damit umgehen können, um unsere Ausdauer zu steigern und die Versorgung zu verbessern. Es sind einfache Dinge, aber gerade weil sie so einfach sind, haben wir sie vorher nicht wahrgenommen.

Dass man auch „Entspannung“ lernen muss und lernen kann, ist ein wichtiger Faktor für viele, die unter Stress gestanden haben. Auch dies ist ganz praktisch und in kleinen Schritten angelegt. Jeder Patient wird dort abgeholt, wo er mit seinem persönlichen Gesundheitszustand steht, wird individuell angeleitet und geführt, mit dem Ziel, für sich das finden zu können, was er braucht.

Auch eine Lektion Wassergymnastik gibt es. Sie erinnert mich an meine wöchentlichen Abende mit Aquafit, die sicher weitergeführt werden. Vielleicht müssen wir sie sogar ausbauen.

Nach dem Abendessen – unser Tisch ist auf reduzierte Kost mit 1200 Kalorien gesetzt – kommt der Blick ins TV-Gerät: Eglisau, die drittletzte Ausgabe. Mein Auftritt vor drei Wochen hat mir eine gewisse Bekanntheit beschert, die Kurkamerädlein wollen wissen, was dort so abläuft und wie das Ganze geht. Die Themen Gesundheit und Abnehmen interessieren die meisten. – Vor mir liegt ein ruhiges Wochenende, mit viel Musse und Freizeit. Ich geniesse das Nichtstun noch immer und verstehe es als eine Chance, viele Dinge in Zukunft gemächlicher angehen zu können, ganz so, als hätte man sie neu erlernt.