5/7  Am Pult

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:29

Seit gestern sitze ich also wieder an meinem Arbeitspult. Wobei der Begriff „wieder“ eigentlich völlig falsch ist, denn während meiner Abwesenheit wurde von einer tüchtigen Helferschar der Sitz der SAPS-Geschäftsstelle verlegt, von Zürich-Enge nach Zürich-Örlikon. Es ist ein geräumiger, origineller Büro-Komplex, der viele Möglichkeiten bietet und sich flexibel ausgestalten lässt. Ein Glücksfall, überdies zu einem günstigeren Tarif – die Lage hatte ihren Preis.

Ich sitze also an einem neuen Schreibtisch, auf dem sich meine alten Dokumente türmen, die ich eigentlich vor dem Umzug noch sortieren und ordnen wollte… aber dazu hat es ja nicht mehr gereicht. Dies sollte nachgeholt werden, denn es zeigt sich das altbekannte Büro-Phänomen: du lebst in einem kreativen Chaos, aber du hast den (nahezu) totalen Überblick, weisst von jedem Dossier und jedem Dokument, in welchem der Haufen es steckt. Mit einem Griff hast du es gefunden… aber wehe, wenn jemand es gut mit dir meint und in deiner Abwesenheit einmal „aufräumt“… dann bist du hoffnungslos verloren, wie der blinde Maulwurf, tastest dich durch die Papiergebirge, hast keine Orientierung mehr und musst entnervt die Suche aufgeben… das ist das zwangläufige Resultat eines Umzugs ohne deine Mitwirkung: zwar haben die cleveren Heinzelfrauchen vorbereitend die verschiedenen Stapel schön beschriftet, auch eine Skizze angefertigt, wo auf dem früheren Pult was gelegen hat, sauber durchnummeriert und in einem Plan eingetragen… Aber dann kamen die muskulösen Möbelpacker, schmissen die säuberlich beschrifteten Papierbeigen in ihre Kisten und hievten sie am neuen Ort auf die Tischplatte.

Also müsste ich jetzt in aller Ruhe Stoss für Stoss durcharbeiten und das Sortieren nachholen. Aber nun kommen noch die Anfragen und Pendenzen aus den fünf Wochen meiner Abwesenheit dazu: selbst wenn Vieles davon schon in meinem Sinn erledigt ist, so geraten sich die zwei Aufgaben doch in die Quere. Und vor allem stehen sie in krassem Widerspruch zu der in jedem Mail, jedem Telefonanruf und jedem persönlichen Gespräch formulierten Aufforderung, mich ja zu schonen, es sachte anzugehen, nicht allzuviel zu unternehmen und mit meinen Kräften noch haushälterisch umzugehen…

Das Gute daran ist, dass ich mit diesem Argument alle anstehenden Probleme austricksen kann: im Moment kein Handlungsbedarf, ich bin noch in der Schon-Phase, nächste Woche dann, vielleicht, jetzt noch nicht… aber im Inneren weiss ich mit diskreter Gewissheit, dass diese nächste Woche schon sehr bald kommt und dass es dann keine Ausrede mehr geben wird. Zum Glück habe ich bis Ende August im Prinzip keine Termine.