18/7  Les Imperméables

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 2:07

Ein unter vielen Vorzeichen unvergesslicher Abend, von dem ich spät nach Mitternacht zurück gekehrt bin. Die Thuner Seesspiele haben zur Première von Les Misérables geladen. Bis zum letzten Platz war die Tribüne mit den 2’500 Sitzen besetzt und der See mit seiner malerischen und doch majestätischen Umgebung zeigte sich, samt leicht bewölktem Himmel, am Anfang von seiner besten Seite.

Eine beeindruckende Show, ein farbiges Spektakel, rasant inszeniert und von schönen Stimmen gesungen, ein historischer Bilderbogen mit Episoden aus der französischen Geschichte der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, Sozialkritik, Romanze, Heldenepos in einem, nach der wuchtigen Romanvorlage von Victor Hugo.

Eine „grosse Kiste“ von 9,5 Millionen Franken, die mit 70’000 Besuchern rechnet, und es lässt sich jetzt schon sagen, dass diese auf ihre Kosten kommen werden. Die Organisation ist vom sogenannt Feinsten, bis in alle Details ausgeklügelt und stimmig, die verwandelbare Bühne über dem See beeindruckt durch ihre vielseitige Verwendbarkeit, Solisten und Ensemble und ein 30-köpfiges Live-Orchester überzeugen durch saubere Leistung und machen den Abend zum Genuss.

Einer hat sich eine besondere Rolle ausbedungen und wollte mit von der Partie sein: der gute Petrus hat dann doch im Lauf des Abends die dunkleren Wolken über dem Spektakel zusammengetrieben, hat zuerst einen ganz feinen Tröpfelregen geschickt, der leise für Abkühlung sorgte und als angenehm empfunden wurde. Dann kamen kräftigere Schauer mit soliden Tropfen, die tüchtig auf die Zuschauerköpfe klopften… und da klappte die Logistik hervorragend: innerhalb von Minuten wurden von einer Helferschar winzige Plastic-Päcklein verteilt, leichte durchsichtig-weisse Regenhauben mit coop-Aufdruck („unser Presenting Sponsor“) und innerhalb von Minuten verwandelte sich die Tribüne in eine weissliche Champignonzucht und die Regentropfen spritzten fröhlich von den Plastic-Hauben ab, während das Ensemble tapfer weiter sang.

Als der nasse Segen dann in einen veritablen Platzregen überging, wurde das Spiel für zehn Minuten unterbrochen, zahlreiche Zuschauer suchten das Weite und Schutz in den Verpflegungszelten… und in der nun einbrechenden Abenddämmerung sah es aus, als wäre eine Armee von Hippie-Gespenstlein (Peter Reber war auch unter den VIP-Gästen zu sehen) auf dem Rückzug. Als der Platzregen nach kurzer Zeit aufhörte, kehrten die Unentwegten an ihre Sitzplätze zurück und die Aufführung konnte mit Bravour beendet werden. Chapeau! Und herzlichen Dank für einen unter vielen Vorzeichen unvergesslichen Musical-Abend!