25/7  Still-Vorteil

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:32

In den Siebzigerjahren machte eine Auseinandersetzung zwischen der Entwicklungs-Organisation Erklärung von Bern und dem Nahrungsmittelmulti Nestlé Schlagzeilen. Es ging um die Frage, ob künstliche Kinderernährung für Säuglinge in der dritten Welt eine Gefährdung darstelle. Nestlé versuchte, seine Kritiker durch Prozesse zum Schweigen zu bringen, was sich aber letztlich als kontraproduktiv erwies, denn das Thema wurde weltweit erörtert. Einige Aspekte dieser Auseinandersetzung sind mir noch in Erinnerung, wir hatten sie damals in unseren Sendungen kritisch begleitet.

Eine wissenschaftliche Auslegeordnung zu den erforschten Zusammenhängen zwischen dem Stillen und dem späteren Übergewicht bei Kindern, die in der März-Nummer 2007 von Obesity Reviews publiziert wurde, weckt Assoziationen an die damalige Diskussion. Bloss geht es hier nicht (nur) um die dritte Welt, sondern fatalerweise um die „erste“, um unsere: Wenn der Zusammenhang zwischen erfolgreichem (und langem) Stillen und der kindlichen Resistenz gegen späteres Übergewicht erwiesen ist, dann gilt wohl auch der Umkehrschluss: künstliche Babynahrung begünstigt die spätere Ausprägung von kindlicher Adipositas, oder – auf einen eingängigen Slogen verkürzt – „Nestlé macht Kinder dick“.

Ich weiss, die Firma ist nicht allein, aber sie ist marktbeherrschend. Und ich weiss auch, dass sie einiges an PR-Geldern springen lässt, um sich ernährungsmässig ein positives Image zu verschaffen… aber eben: es ist reine Imagepflege, die ohne Auswirkungen auf das reale und gesundheitsrelevante Verhalten der meisten KonsumentInnen bleibt… Die Stillförderung ist eines der Hauptanliegen bei der Adipositasprävention. Und es ist in unserer leistungsorientierten Gesellschaft nicht selbstverständlich, dass junge Mütter im Interesse ihrer Kleinen die richtige Entscheidung treffen können, abgesehen von allen Lifestyle-Diktaten. Umso wichtiger wäre es, dass die Produzenten von Ersatz-Nahrung, auf die eine Mutter in speziellen Fällen angewiesen sein kann, extrem zurückhaltend sind, was die Werbung betrifft.