25/10  Outing

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 22:58

Die Firma hatte die Freundlichkeit, uns für unseren „Tag der offenen Tür“ einen Stapel der kleinen PET-Flaschen zur Verfügung zu stellen. Flaschen mit Tee, in zwei Aromen. Jener Tee, der junge hübsche Frauen dazu bringt, sich im Türglas eines Busses zu spiegeln und sich dahingehend zu outen, dass sie in jemanden namens Katechine verliebt sind.

Am Anfang habe ich das Teegetränk freilich etwas bitter gefunden. Aber wenn es direkt und klirrendkalt aus dem Kühlschrank kommt, dann hat es etwas echt Erfrischendes. Und ich habe, da uns nach unserem Offenen-Türen-Tag noch ein Restposten geblieben ist, die Flüssigkeit inzwischen ziemlich ins Herz geschlossen, auch wenn sich mir die Katechine noch nicht so deutlich offenbart hat, dass ich zu ihr ein intimes Verhältnis hätte aufbauen können.

So war es denn fast ein sehnsüchtig erwartetes Wiedersehen, als ich heute zufällig in den TV-Spot hineingezappt habe. Und ich war drauf und dran, die werbenden Aussagen mit vollem Herzen zu bestätigen, als ich unerwartet ins Stutzen kam: „ohne Kalorien!“ So pries die freundliche Dame ihren Durstlöscher an. Und da rief es tief in mir drin: LÜGE! Denn jeder Deziliter bringt laut Etikettenaufdruck immerhin 2 bzw. 3 Kalorien auf die Waage. Die empfohlene Menge (um sich „in Form zu trinken“) beträgt zwei Flaschen pro Tag. Ein Liter also. Das sind 20-30 Kalorien täglich, macht im Jahr um die 10’000. Das entspricht anderthalb Kilo Fett, die wir zunehmen, wenn wir statt Mineral- oder Hahnenwasser so einen modischen Drink „ohne Kalorien“ schlürfen. Eins achtzig kostet die Flasche. CHF 1’314 macht das im Jahr, und dies entbehrt nicht einer gewissen inneren Logik, denn wir wissen aus Erfahrung, dass der Verlust eines Kilos etwa in einer renommierten Abspeck-Klinik in der Regel tausend Franken kostet… So bleibt der Preis – ob mehr oder weniger – einigermassen stabil.

Und ich scheue mich nicht, zuzugeben, dass ich mir jetzt schon Gedanken mache über die Zeit danach, wenn der Kühlschrank leer sein wird: das wäre dann sozuagen mein getränkemässiges Outing gewesen.