2/1 Ein Laubfrosch
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 23:26 |
Mit klebrigen Füssen klammert er sich am Zweig fest und zieht sich langsam in die Höhe. Unglücklich schaut er drein und verzieht sein ohnehin schon breites Maul zu einer noch breiteren, gequälten Fratze. Ein leises, jämmerliches Quaken wird laut. Der giftgrüne Laubfrosch hat eine medizinische Botschaft zu vermitteln, die mir seit Tagen keine Ruhe mehr lässt. Er empfiehlt mir ein Medikament, für den Fall, dass ich an verzögerter Magenentleerung leiden sollte.
Seitdem frage natürlich auch ich mich, ob dies eine Krankheit sei, die ich haben könnte, von der ich aber bis heute noch nichts gewusst habe. Und ich horche oder fühle tief in mich hinein, ob mein Magen, mit dem ich ja einen ständigen Dialog führen möchte, mir irgend ein heimliches Signal sendet, vielleicht in Form eines gequälten Quakens, das mir bedeuten sollte dass er sich nicht so zügig entleeren kann, wie er das möchte.
Bis heute habe ich naiverweise geglaubt, der Magen sei ein sehr patentes Organ, säureresistent und ein prächtiges Labor für die erste Stufe der Auflösung der Nahrungsmittel. Dass man ihn von Zeit zu Zeit füllen muss und dabei darauf achten sollte, dass man dies vorsichtig und bewusst tut, das war mir schon klar. Dass man nun aber auch noch seine Entleerung überwachen muss, das ist mir neu. Von Verstopfung und Hartleibigkeit habe ich schon gehört, aber das findet weiter unten statt. – Vielleicht ein Fakir auf dem Jahrmarkt, der Nägel, Schrauben und Scherben schluckt, bei dem kann ich mir vorstellen, dass die Entleerung zum Problemfall wird. Aber ich?
Nun stellen die Vertreter der Pharma-Industrie immer wieder gerne und vehement in Abrede, sie würden durch geeignete Propagandemassnahmen laufend zuerst auf die Existenz von neuen Krankheiten hinweisen, um für diese dann entsprechende Mittel anpreisen zu können… – Aber wenn ich den grünen Lurch und sein trauriges Froschgesicht auf dem Bildschirm sehe, dann befallen mich doch Zweifel, ob dem auch wirklich so sei.