13/1  Aus der Sackgasse

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:25

In der aktuellen WELTWOCHE geisselt Max Frenkel, das altliberale Raubein, in harschem Wort die laufende Tranche der Kampagne von Gesundheitsförderung Schweiz. Sein Kommentar lässt keinen guten Faden an der Aktion, ohne sich allerdings konkret mit deren Inhalt zu befassen. Dem Kämpfer wider einen allzu aktiven Staat ist das Prinzip ein Gräuel: dass dem Bürger und der Bürgerin von Amtes wegen mit einer Kampagne ein bestimmtes Verhalten nahegelegt werden soll, ist ihm in seiner freiheitsdurstigen Seele zutiefst zuwider.

Das sei ein weiteres Beispiel grassierender staatlicher Bevormundung, wie sie – deutet der Meister allen Ernstes an – seinerzeit in der alten DDR praktiziert worden sei. Und dabei werde beim Phänomen der zunehmenden Dickleibigkeit (der Kinder und Jugendlichen) noch nicht einmal die Ursache richtig erkannt. Diese liege nämlich, und hier erfüllt Frenkel offenbar die Auflage seines Redaktionsleiters, im überhöhten Ausländeranteil (wo denn sonst?), der die Statistik negativ beeinflusst, indem sich dort weniger Schulbildung orten lässt, was logischerweise zu dickeren Kindern führe… – Wenn, so die Folgerung Frenkels, die Ausländer besser integriert wären, dann würden diese das gut helvetische Essverhalten übernehmen, dadurch also gesünder essen und somit auch weniger zunehmen.

Eine gewagte These, die in Fachkreisen bisher noch niemand vertreten hat. Faktisch trifft der Sachverhalt zwar zu, dass Übergewicht und Adipositas im Immigrationsmilieu anteilmässig stärker vertreten sind als in der einheimischen Bevölkerung; aber der Schluss, der aus diesem Faktum gezogen wird, ist falsch, denn quantitativ bleiben die Schweizer in der Überzahl, jede Aufklärungskampagne muss sich zuerst an sie wenden und die Schichten „mit Immigrationshintergrund“ gezielt und mit differenzierten Botschaften ansprechen. – Die Frenkel-Lösung, nach der zuerst integriert werden soll, um dann das gesunde Schweizertum wirken zu lassen, spannt das Pferd hinter dem Wagen an. Und was in der ganzen Polemik völlig verkannt wird: es geht hier um Prävention, um vorbeugende Massnahmen, die verhindern sollen, dass weiteres Übergewicht im gleichen Masse entsteht, wie es sich in den letzten Jahren entwickelt hat. Und die erreichen sollen, dass die finanzielle Belastung im Gesundheitswesen nicht weiter so ansteigt, wie sie es bisher getan hat.

Die Schweiz steht im internationalen Vergleich alles andere als gut da, wenn es um das finanzielle Engagement für die Prävention geht. Und dass heute 20 Prozent der Kinder zu dick und 5 Prozent adipös sind, das ist eine empirisch erforschte, von Schulärzten vermessene Tatsache, die sich nicht leichtfertig vom Papier schreiben lässt, indem man so tut, als sei das nur eine Behauptung… – Wie auch immer: Frenkel ist ein erfahrener Journalist, der sich bisher meist durch ein gutes Augenmass und Sinn für die Realitäten ausgezeichnet hat. Dass er sich hier in eine ideologische Sackgasse geschrieben hat, ist bedauerlich und trägt zur Lösung des Problems nichts bei.