15/1  Iss Nahrung!

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 17:14

Die Englische Zeitung The Guardian publiziert Auszüge aus einer neuen Publikation von Michael Pollan, Autor verschiedenen Ernährungsbücher. Es geht um eine Standortbestimmung in der Frage, was wir denn wirklich essen sollen, wenn wir „gesund“ essen wollen.

Früher war das noch einfach, sagt Pollan, da hatte man einen natürlichen Zugang zu den verfügbaren Lebensmitteln; seit bald 40 Jahren aber überbietet sich eine immer mächtigere Nahrungsmittelindustrie mit einem milliardenschweren Umsatz- und Profitvolumen, wissenschaftlich begründete Thesen und Theorien tragen mehr zur Verwirrung und zur Unsicherheit bei, als sie zu klären vermögen, und immer mehr Krankheiten breiten sich aus, die mit „falscher“ Ernährung verbunden sind. Pollan möchte uns ganz einfach dazu ermuntern, unser Essen wieder zu geniessen…

Seine Botschaft ist so simpel, dass sie sich in wenige Worte kleiden lässt: Iss Nahrung. Nicht zuviel. Vor allem Pflanzen. – Was sollen solche Platitüden? ist man versucht zu fragen. Aber der Hintergrund ist alles andere als trivial: Pollan legt dar, dass der Lebensmittelmarkt heute überschwemmt wird mit Produkten, die weit davon entfernt sind, Nahrung im ursprünglichen Sinn zu bieten. Es sind nahrungsähnliche Substanzen, im Labor chemisch verändert in ihrer Struktur und ihren Inhalten, wie sie in der Natur gar nicht vorkommen, es sind Genussmittel, die der Körper zu seinem Wohlbefinden nicht eigentlich braucht.

Fatal sei, dass alle wisenschaftlichen Begründungen uns suggerieren, solche Fabrikate müssten grundsätzlich „gesünder“ sein als das frische Naturprodukt (und die Werbung bemüht sich ja auch mit Geschick, diesen Eindruck täglich in unsere Hirne zu hämmern). Die Ernährungstrends würden viel zu rasch wechseln, die Autorität der Familie (und die Tradition) bezüglich Essen sei verloren gegangen. Wir befänden uns in einem Zustand der „Überernährung“, der für die Gesundheit weit schädlicher sei als es früher die Unterernhährung war…

Was empfiehlt uns Pollan denn? – Er verzichtet auf konkrete Ratschläge, ruft auf zu Misstrauen gegenüber „unnatürlichen“ Produkten mit Zusatzstoffen, warnt vor Lebensmitteln, die eine „gesundheitsfördernde“ Wirkung haben sollen: gerade dies sei ein Hinweis darauf, dass es sich nicht um „Nahrung“ im eigentlichen Sinn handle… – Eine fulminante Polemik, die bedenkenswerte Elemente enthält, auch wenn sie kompromisslos mit der aktuellen „westlichen“ Esskultur abrechnet, die – auch das sei wieder einmal gesagt – natürlich nicht insgesamt in den gleichen Topf geworfen werden kann…