17/1 Je dümmer desto falsch
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 23:31 |
Soll man sich nun Woche für Woche über die Weltwoche ärgern? – In einem Artikel mit dem provokativen Titel Je dicker, desto gesünder vereinigt und vermengt der Autor eine Sammlung von Fakten und Erkenntnissen, die allesamt längst bekannt sind und die fast alle hier in diesem Blog bereits ausführlich referiert und kommentiert wurden… bloss die Art und Weise, wie einzelne Tatsachen miteinander in Verbindung gebracht werden ist so abwegig schief, dass es fast schwer fällt, sich mit dem Text ernsthaft zu befassen.
Der Hauptfehler des Autors ist der, dass er überhaupt nicht differenziert. Er spricht von „Übergewicht“ und meint damit „ein paar Kilos“, die man zuviel haben könnte. Und er unterstellt all denen, die sich ernsthaft mit der Adipositas-Prävention befassen, allen Ernstes, sie würden eine unangebrachte Hysterie schüren, von der einzig eine „milliardenschwere“ Schlankheitsindustrie profitieren könne.
Dicke Menschen würden gar nicht leiden, im Gegenteil, sie seien „glücklich“, suggeriert ein weiterer Beitrag. – Die Autoren blenden dabei völlig aus, dass sich die Lebensumstände der Betroffenen mit zunehmendem Gewicht verschlechtern. Der Begriff Adipositas kommt in den Artikeln kein einziges mal vor: die chronische krankhafte Fettsucht, deren Langzeitwirkung die Lebenserwartung verkürzen kann und das Risiko massiv vergrössert, an einer Begleiterkrankung wie Herzinfarkt, Diabetes oder Krebs vorzeitig zu sterben, ganz abgesehen von den unweigerlich sich einstellenden Gelenkschäden in den Knien und an der Wirbelsäule… – Die Anzahl adipöser Menschen in der Schweiz kann auf eine halbe Million geschätzt werden. Genaue Zahlen gibt es nicht, aber sie sind mit Sicherheit höher als die offiziellen Werte (die vom Autoren ohnehin in Zweifel gezogen werden), denn in der Schweiz wurden bisher – anders als in anderen Ländern – die entsprechenden Daten nicht „vermessen“ und protokolliert, sondern bloss telefonisch erhoben, was zweifellos zu beschönigenden Selbst-Deklarationen geführt hat.
Nun kann man annehmen, dass es der Wochenschrift gar nicht um einen sachlichen Diskussionsbeitrag geht, sondern einmal mehr darum, partout das Gegenteil der landläufig anerkannten Meinung zu behaupten. Aber betrüblich bleibt dabei doch, wie hier an sich „richtige“ und (im einzelnen) zutreffende Fakten durch schiefe Verknüpfungen und tendenziöse Interpretation zu Aussagen umformuliert werden, die von jedem, der das Leid des exzessiven Dickseins am eigenen Leib erfahren hat, als blanker Hohn und Zynismus empfunden werden müssen.