22/2  Non olet

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:40

Der Frühling klopft an die Bürofenster. Kaum zu gluben, dass wir eigentlich noch Winter haben sollten, wenn es nach dem Kalender ginge. Und mit dem Frühling kommt die Zeit der Jahresabschlüsse. Kassensturz, Bilanz ziehen, Gewinn und Verlust gegeneinander aufrechnen… und aufzählen, was in den letzten zwölf Monaten so alles gelaufen ist, und was nicht.

Ein Jahresbericht an die Aufsichtsbehörde, denn als gemeinnützige Organisation steht unsere Stiftung unter der Kontrolle der eidgenössischen Stiftungsaufsicht, die darüber wachen muss, dass unsere Aktivitäten konform sind mit dem Stiftungszweck, wie er bei der Gründung umschrieben wurde. – „Stiftungen“ sind ja durch die Steuerhinterziehungen in Deutschland arg in Verruf geraten, vor allem wenn es sich um solche handelt, die in liechtenteinischen Briefkästen oder Banken beheimatet sind. Aber die, sagen uns die Stiftungsspezialisten, haben nichts gemein mit den Stiftungen, wie man sie in der Schweiz kennt. Die sogenannten Stiftungen nach liechtensteinischem Recht sind nicht gemein- sondern eigennützig definiert und dienen meist ausschliesslich dem Zweck, den Stifter und die seinen selber zu begünstigen und ihnen Vorteile zu verschaffen, indem sie dem Staat Steuern vorenthalten.

Wenn ich solche Aussagen höre oder lese, dann packt mich ein Gefühlsmix aus Ohnmacht und Neid: die Millionen, die auf diese Weise heimlich in Offshore-Anlagen geparkt werden, könnten, wenn wir nur über einen Bruchteil der Zinsen verfügen dürften, unendlich viel sinnvollen Zweck erfüllen, im Interesse und im Dienst eines Problems, vor dem die Volksgesundheit steht. Man sagt, Geld stinke nicht. Der clevere Vespasian hatte mit diesem Spruch die Erhebung von WC-Taxen im alten Rum begründet… und es stimmt natürlich: nachdem ich unser Budget durchgerechnet und mit den Ausgaben verglichen habe, die wir tätigen sollten und möchten, nähmen wir das Geld, auch wenn es aus der tiefsten Kloake käme, denn wir werden es brauchen. – Da bekäme der Begriff „Geldwäsche“ plötzlich eine sehr wohltätige Nebenbedeutung.