14/3 Das grosse Ding
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 23:09 |
Es war ein interessanter, anregender Tag, der 19. Präventionstag des Kantons Zürich. Fachreferate zur Gesundheitsprävention im grossen, internationalen Zusammenhang, zum Kampf gegen das Rauchen und den Alkohol. 350 Teilnehmende waren gekommen. Der neue Zürcher Gesundheitsdirektor war da und Ständerat Gutzwiller, Chef der universitären Gesundheitsförderer.
Am Ende des Vormittags war mein Vortrag angesetzt: „Was macht uns dick? Strukturelle Ursachen und Prävention von Übergewicht.“ Meine Ausführungen – sie werden demnächst online zugänglich sein – wurden aufmerksam entgegengenommen und flossen zum Teil auch in die Workshop-Gespräche vom Nachmittag ein. In der Theorie, da war man sich einig, wüsste man eigentlich, was zu tun wäre, um eine Umwelt zu schaffen, in der es leichter fällt, sich gesundheitsförderlich zu verhalten und in der es den Kindern erspart bleibt, quasi zu Übergewicht verdammt zu sein. In die Realität umzusetzen sind diese Pläne allerdings schwieriger, denn dazu braucht es Gesetze, die von Parlamenten verabschiedet werden müssen, und es braucht Geld.
Mit dem täglich schmerzhaft erlebten Widerspruch zwischen der hehren Theorie und der erbärmlichen Realität des Kampfes und des Scheiterns wurde ich nach Abschluss der Tagung konfrontiert: Ich sass auf der Bank an der Tramhaltestelle, hatte eine Orange geschält und machte mich daran, die saftigen Schnitze genüssllich zu verspeisen. Da kam ein kleines Mädchen an der Hand seiner Mutter herbei, drei, vier Jahre vielleicht, mass mich mit grossen staunenden Augen, nahm meine Leibesfülle abmessend wahr und fragte mit einer ungläubig entwaffnenden Offenheit: Hast du Hunger? – Da hatte sie natürlich recht: ein Hungerhaken war ich nun gerade nicht. – Nein, antwortete ich wahrheitsgemäss, aber die Orange ist gut und besser als ein Schoggistängeli zum Zvieri.
Die Mutter nickte. Das Kind betrachtete mich weiterhin kritsch und prüfend, kam noch einen Schritt näher und zeigte dann entschlossen auf meinen Unterbauch. Und fragte: Und was hast du da für ein grosses Ding?