19/3 Zu schwer
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 17:54 |
Der Teufel steckt im Detail. Manchmal hat er die Hörnlein so weit eingezogen, dass man ihn nicht erkennt, bis einem ein diskreter Schwefelgeruch in die Nase sticht.
Vor einiger Zeit ging die Meldung durch die Medien, dass die Spitäler und Kliniken auch in der Schweiz gezwungen sind, sich um- und aufzurüsten für die Betreuung schwergewichtiger PatientInnen. Das betrifft nicht nur die Operationstische, die neuen Belastungen standhalten müssen, und die Spitalbetten, in denen sich die Gefahr des Wundliegens erhöht. Es betrifft auch die ganz alltägliche Gebrauchs-Infrastruktur, vom WC-Sitz über die Badewanne-Einlage, vom Duschenhocker bis zum Rollstuhl, der breiter und solider – und auch teurer – werden muss.
Gut, gibt es spezialisierte Anbieter, auf die wir hinweisen können, wenn entsprechende Anfragen bei uns eintreffen. Und die haben in letzter Zeit zugenommen. – Aber schlecht, wenn es ums Bezahlen geht. Denn in der praktischen Anwendung zeigt sich der Pferdefuss: diese speziell angefertigten XXL-Utensilien haben ihren Preis, wenn ein Patient sie mieten muss, sobald er aus dem Spital entlassen wird. Pikanterweise sind die Krankenkassen erfahrungsgemäss nicht bereit, die Kosten für solche Medizinalhilfen zu berappen, wenn es um Belastungen von mehr als 160 Kilogramm geht! Wer mehr wiegt, muss die für sein Fortkommen überlebgenswichtigen Hilfsmittel aus dem eigenen Sack finanzieren und wenn ihm das Geld fehlt, kann er sehen wo er bleibt.
Das ist ein weiterer krasser Verstoss gegen das Prinzip der Solidarität, das unser Krankenversicherungswesen auszeichnen sollte. Und zudem eine extreme Diskriminierung eines (noch) relativ kleinen aber sehr stark betroffenen Teils der Adipositas-PatientInnen. Menschen mit diesem Gewicht haben in der Regel ein schweres Leben zu bewältigen und mit Existenzproblemen zu kämpfen. Werden sie von den Kassen in diesem heiklen Gebiet der alltäglichen Verrichtungen im Stich gelassen, verstärkt sich ihr Leiden in ungerechtfertigter Weise.
Gibt es Lösungen? – Eine Stiftung wie die unsere müsste unterstützend eingreifen können… wenn sie denn über die entsprechenden Mittel verfügen würde und etwa einen Hilfsfonds für Härtefälle einrichten könnte. Dem ist aber bei weitem nicht so, solange sie Jahr für Jahr ihr eigenes Überleben neu absichern muss. Was braucht es, um ein Umdenken bei den Kassen zu bewirken? Zunächst einmal Öffentlichkeit und Problembewusstsein, das hiermit immerhin hergestellt wäre.