4/5 Schnausen
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 23:53 |
Schnausen ist ein sympathisches Wort. Es hat einen zärtlichen Klang, tönt fast ein wenig wie Schmusen. Als würde man Lebensmittel liebkosen. Es ist kein gieriges Schlingen, aber auch kein rein sachbezogenes Sich-Verpflegen, kein automatisches In-Sich-Hineinstopfen: es ist ein genussvolles Sich-Annähern an eine leckere Nahrung.
Kein Wunder, habe ich für die Herausgabe unserer Esstyp-Broschüre den „Snack-Eater“ mit „Schnauser“ übersetzt: er mag vielleicht aus Langeweile immer wieder zwischen den Mahlzeiten zu Knabberzeug greifen und es – vielleicht unbewusst und spontan – in seinen Mund schieben, aber in seinem Herzen ist er einer, der es geniesst, gute Dinge auf seiner Zunge zergehen zu lassen, auch ohne dass ein Hungergefühl ihn dazu antreiben würde.
Kann Schnausen satt machen? Eigentlich nicht, denn dem Schnausen wohnt die Eigenschaft des „Versuchens“ inne: man isst gleichsam zur Probe, man kostet ein wenig, prüft die Bekömmlichkeit, ehe man sich definitiv auf den Verzehr einlässt. Es ist ein Flirt mit dem Essen, aus dem durchaus eine leidenschaftliche Beziehung entstehen kann, eine kulinarische Amour Fou, die keine Grenzen mehr kennt. Frisch geschnaust ist halb gespiesen.