18/5  Tier sei Dank

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:24

Braucht es für den wissenschaftlichen Fortschritt Tierversuche? Die Meinungen dazu sind kontrovers und ich habe bisher auch dazu geneigt, jene Versuche abzulehnen, bei denen Kosmetikprodukte an unschuldigen Kreaturen auf ihre Verträglichkeit hin getestet werden. Dass man für solche Zwecke die auf ewige Jugend versessene Klientel auch ganz direkt für einen Feldversuch einspannen kann, das hat ja vor einigen Jahren Uschi Glas recht augenscheinlich bewiesen.

In der Adipositas-Forschung geht es allerdings nicht ohne Mäuse und Ratten und in einzelnen Vorträgen am Genfer Kongress ist mir das mit aller Deutlichkeit bewusst geworden. Da gab es ganze Reihen von Versuchen mit der Abgabe von bestimmten Hormonen, welche die Bildung von Fettgewebe und die Ausprägung einer Fettleber positiv oder negativ beeinflussten. Neben der statistischen Erfassung der Werte in Form von Diagrammen gab es auch reihenweise Abbildungen von sezierten Rattenleibern, deren Inneres entweder rank und sauber die Eingeweide zeigte, oder von gelben Fettwucherungen überzogen war… und die herauspräparierten kleinen Rattenlebern zeigten durch ihre Farbe den Grad der Verfettung an. Nach diesem Referat stellte ein Tagungsteilnehmer eine Frage, die ihn als eher wirklichkeitsfremd entlarvte: ob es denn bei dieser Studie auch Langzeit-Werte gebe und ob die positive Wirkung des Hormons nach Abschluss der Abgabe auch weiterhin angehalten habe? Der Referent schien etwas verlegen, als er darauf hinwies, dass der Ausgang des Versuchs für die beteiligten Tiere jeweils tödlich war. Ein Raunen ging durch den Saal, als er bemerkte, es habe auch Versuche mit einzelnen – freiwilligen! – Menschen gegeben… allerdings wären dort die Resultate nicht so eindeutig gewesen.

Eine Schilderung hat mich nachwirkend berührt. Nach dem Bildmaterial zu schliessen, muss der Versuch schon einige Jahre zurückliegen: einer Katze waren Elektroden ins Gehirn gepflanzt worden, über die sie „angenehm“ oder „unangenehm“ stimuliert werden konnte. Durch entsprechende „Belohnung“ mit positiven Stimuli wurde die Katze so trainiert, dass sie kein Fleisch mehr frass, sondern den Teller mit den Bananenstücken wählte. Als sich Nachwuchs einstellte, begannen die Kleinen ganz automatisch auch vom Bananen-Teller zu essen… und sie blieben bei dieser bevorzugten Speise, ohne dass sie je elektronisch konditioniert worden wären, allein durch das „Vorbild“ der Mutter. – Ist Essverhalten also abhängig von der gelebten Praxis im Elternhaus? – Die vierbeinige Protagonistin am Kabel wird den höheren Zweck ihrer Umschulung kaum verstanden haben. Ob sich daraus eine Erkenntnis gewinnen lässt, die einst unseren Nachkommen eine Adipositas-Karriere ersparen wird, ist noch ungewiss. Aber hoffen darf man.