12/6 Plan Leuthard
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 22:52 |
Im Auto unterwegs, habe ich Radio gehört: Bericht aus dem Bundeshaus. Das Parlament debattierte über die aktuelle Lebensmittelkrise, die steigenden Preise und die Abhängigkeit von globalisierten Märkten, in denen die Reichen reicher und die Armen ärmer werden. Es wurde darauf hingewiesen, dass die einheimische Landwirtschaft nur noch knapp 60 Prozent unseres Lebensmittel-Bedarfs zu decken vermag und dass die Schweiz in hohem Mass vom Ausland und seinem Preisdiktat abhängig sei.
Dann hörte man unsere Wirtschaftsministerin, die dem Rat mit heller Stimme erklärte, dass wir dieses Problem locker lösen könnten, wenn wir unsere Ansprüche etwas einschränken würden. Sie erinnerte an den seinerzeitigen Plan Wahlen, auch Anbauschlacht genannt, und machte dem Parlament ihren „Plan Leuthard“ beliebt: wenn alle ihren täglichen Konsum auf 2’500 Kalorien reduzieren, dann ist die Schweiz punkto Lebensmittel wieder autark, also voll selbstversorgend.
Nun weckt der Plan Wahlen in mir besondere Erinnerungen: Mein Vater war einer der Mitarbeiter des Agronomie-Spezialisten und nachmaligen SVP-Bundesrates Friedrich Traugott Wahlen und nicht ohne Stolz betrachtete ich früher ein vergilbtes Foto aus dem Jahre 1941, das den nachmaligen Magistraten zeigte, wie er ein Babybündel sorgsam im Arm wiegte: mich. Ziel der damaligen Anbau-Aktion, bei der alle verfügbaren Landflächen und Stücke mit Kartoffeln und anderem Gemüse bebaut wurden, war es, jedem Schweizer und jeder Schweizerin pro Tag eine Energiemenge von 2’750 Kalorien zu sichern! Damals war körperliche Bewegung noch die Regel, Energie wurde ver- und gebraucht, Autos hatten nur die wenigsten, wer ein Velo sein eigen nannte, war privilegiert, auf weiten Strecken.
Die Beschäftigung mit dieser Frage, ausgelöst durch den provokativen Vorschlag von Bundesrätin Doris Leuthard im Parlament, hat mich bei den Recherchen zu diesem Beitrag auch zu den wissenschaftlichen Wurzeln meines Vaters geführt. Er hatte in den 30er Jahren Studien gemacht über den Zusammenhang zwischen Ernährung (bei Tieren) und der Bildung von Muskel- und Fettgewebe. In seiner Dissertation hatte er unter anderem dargelegt, dass ein Kaninchen für die Bildung von einem Kilo Muskelfleisch ca. 2’500 Kalorien-Werte (sogenannter „physiologischer Nutzwert“) an Futter verbraucht, während für die Bildung von einem Kilo Fettmasse mehr als zehnmal soviele Nutzwert-Kalorien erforderlich sind, nämlich ganze 26’000. – Eine interessante Rechnung für die damalige Zeit, die heute eingeholt wird durch die neue Dimension der Bio-Treibstoffe: für eine Tankfüllung mit Biodiesel wird so viel Mais verbraucht, dass ein Mensch in einem armen Land davon ein Jahr lang leben könnte.
Absurde Welt. So abewgig ist der Gedanke mit den Leuthard-Plan gar nicht. Die Frage ist bloss, was es (noch) braucht, bis er umgesetzt werden kann bzw. muss.