26/1 FLABEL für Europa
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 13:35 |
Die gestandenen Semester unter uns erinnern sich noch, wie das damals mit der Migros angefangen hatte, als wir klein waren. Die Ausstattung in den ersten Geschäften war karg, die Lebensmittel waren in braungestreifte Papiertüten abgepackt, wenn man Glück hatte, stand knapp drauf, was drin war… aber keine werbende Illustration, keine farbigen Bilder, dafür die hübsch geklauten Bezeichnungen für imitierte Markenprodukte: das Waschmittel „Ohä“ etwa, das „ohne Henkel“ signailiserte, oder „Eimalzin“ statt „Ovomaltine“… – Heute hauen dir auch Duttis Erben die poppig-bunten Bilder um die Augen, und das, was auf der Packung abgebildet ist, muss noch lange nicht drin sein. Am deutlichsten wird mir dies jeweils bewusst beim Kauf von Spanischnüssli, die in übergrosser Schönheit auf der Verpackung prangen, so richtig gross und in appetitlicher Bräunung, dass mir beim blossen Hingucken das Wasser im Mund zusammenläuft… und wenn ich das Päckli gekauft habe und es zuhause erwartungsvoll aufreisse, dann sind darin die immergleichen kleinen Kümmernüsse, bleich und mit etwas Salz bestäubt…
Das Auge kauft also mit und überlistet den Verstand. Daran gilt es zu denken, wenn über die Deklaration des Nährwerts diskutiert wird. Entsprechende Grundlagen fehlen noch immer. Die EU hat vor kurzem ein grosses Forschungsprojekt lanciert, das unter der Bezeichnung FLABEL den fundamentalen Fragen nachgehen soll. – Ehe ein Entscheid gefällt wird in dem seit einiger Zeit tobenden Streit zwischen den „Ampel“-Befürwortern (in der Politik) und den „Ampel“-Hassern (bei der Lebensmittel-Industrie), soll in einer breit angelegten Studie ermittelt werden, wie das Publikum die heute gebräuchlichen Kennzeichnungen überhaupt nutzt, wie die Meinungsbildung zustande kommt, welche Auswirkungen auf das Kauf- und das Essverhalten zu erwarten sind und wie die heute verwendeten Bezeichnungen sich in der Praxis bewährt haben.
Die Ziele sind hoch gesteckt. Das Resultat ist vielversprechend. Offen ist noch, welchen Nutzen auch die Schweiz aus dieser Vorarbeit ziehen kann.