2/3 Attacke
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 13:56 |
Wer kennt sie nicht, die Rückfälle, wenn man so bewusst und konzentriert und hingebungsvoll ein „Programm“ verfolgt, von dem man sich Erfolg verspricht. Dieser stellt sich auch ein, macht Mut, motiviert… und – plötzlich! – schlägt der „alte Adam“ mit voller Wucht zu. Es genügt ein minimler Anlass, eine geringfügige Versuchung, eine unglückliche Konstellation oder ein momentaner emotionaler Zustand… und schon wird man von einer heftigen Attrackt geschüttelt und in einen Zustand des Rückfalls versetzt: es folgt eine orgiastische Fress-Attacke, die man mit dem eigenen Willen gar nicht steuern kann… und es ist schwer vorstellbar, was geschehen würde oder könnte, wenn jemand ernsthaft versuchen sollte, uns von diesem Rückfall abzubringen.
In eindrückliche Worte gefasst hat diese absolut vertraute Situation jemand, den wir vor kurzer Zeit beraten hatten, was er seine Ernährung im Kampf gegen sein Übergewicht umstellen könnte:
„Nach fünf Wochen totaler Alkohol-Abstinenz und allerbesten, willigsten Vorsätzen zur Disziplinierung, hin zur Gewichtsabnahme, erlitt ich einen gewaltigen Rückfall. Es begann in etwa der sechsten Woche damit, dass ich irgendwann auf dem Nachhauseweg aus Zürich kommend, mit dem Auto einschwenkte und im hiesigen Volg zwingend 3 Tafeln Schokolade kaufen musste, um die 1. dann gierigstens zu fressen, noch bevor ich das Haus erreichte. Die beiden anderen Tafeln wurden foglich zu Hause verschlungen. Und irgendwann, anderntags, erschien mir die gesamte Verumständung als „blöde“, und so griff ich (mit heimlicher Freude) zu einer Flasche Bier aus dem Schwarzwald. Aaaaah…, was für welche Obergenüsse!!! Dann musste – zur Bestätigung dieses Gefühls – gerade noch eine Zweite gereicht werden, was die innere Zufriedenheit absolut wiederzustellen vermochte, und fortan war das Leben wieder lebenswert. Gleichzeitig wurde auch vermehrt mal wieder ein Landjäger mit feinstem Brot, oder eine Blutwurst vermampft, usw. Und der Grundtenor stellte sich in den Vordergrund: „Sieh doch einfach zu, dass dir wohl ist. Du musst auf keinen Laufsteg, und an eine Schönheitskonkurrenz auch nicht. Im Alter ist immer was.“, usw. – Tja, aber ab Morgen = WO 10, will ich mich wieder an die Vorgaben halten, Sie wissen schon. Mal gucken…“
Die Schilderung der Vorgänge und der Gefühle ist sehr akkurat und nachvollziehbar. Es gibt wohl niemanden, der nicht schon ein ähnliches Erlebnis hatte. Wichtig scheint mir, dass man solche temporären „Exzesse“ zulassen soll, ohne sich deswegen mit Selbstvorwürfen und -zweifeln zu überschütten. Was zählt, das ist auf Dauer die Gesamtbilanz und der Erfolg, wenn er sich einstellt. Insofern kann man dem Betroffenen nur Mut machen und Durchhaltewillen wünschen, verbunden mit der Hoffnung, dass die Kadenz der Attacken sich in Grenzen hält.
Tut das gut zu hören, dass es anderen Leuten nicht besser geht als einem selbst. Das gibt Mut, nicht aufzugeben.
Danke für die meist guten Beiträge von Ihnen.