13/5 Selbstverantwortung
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 18:55 |
Bibiiip macht der Einkaufskorb und registriert, was die Kundin aus dem Regal genommen hat. Sie muss es weder einscannen uoch sonstwie erfassen, das Produkt meldet sich drahtlos dank dem in die Packung integrierten Chip von selbst und wird erfasst, erscheint auf dem Bildschirm, samt aktuellem Preis und so. Das ist der Supermarkt-Einkauf von morgen, wie er heute schon im Labor getestet wird. Migros wie coop liefern sich einen Wettlauf um das Easy-Shopping, bei dem das Warten und Anstehen an der Kasse entfällt, sofern man nicht – zufälligerweise – in eine Kontroll-Prüfung gerät
Wenn sich an der Kasse keine Schlangen mehr bilden, dann ist es wohl auch nicht mehr interessant, dort die berüchtigte „Quengel-Meile“ aufzubauen, welche junge Mütter und Väter in den Wahnsinn treibt, deren Nachwuchs mit emsigen Händchen nach den süssen Naschwaren greift und mit Sirenengeheul, Stampfen und am Boden Wälzen jeden abschlägigen Bescheid quittiert. – Es würde mich durchaus nicht wundern, wenn demnächst der eine oder andere Lebensmittel-Verteiler sich gross als menschen- und gesundheitsfreundliche Organisation lobpreisen liesse, nachdem er das süsse Quengel-Paradies von der Kasse weg an einen verkaufsmässig wieder günstigeren Standort verlegt hat…
Perfektes Marketing will gekonnt sein, und die Gutgläubigen sterben nicht aus. – Das gilt auch für das heulenswert elende Inserat, das ich heute in der kommerziellen Einlage zum Blick gesehen habe: die „Media Planet“-Beilage trägt den Titel „Bewusster essen“ und suggeriert wertvolle Informationen zum gesunden Essverhalten. Starkoch Jacky Donatz, dessen legendäre Mezzelune und das berühmte Kalbskotelett ich mir gerade gestern lustvoll einverleiben durfte, plädiert im Vorwort für den genussvollen Verzehr von möglichst natürlichen Nahrungsmitteln. Dagegen ist nun wirklich nichts einzuwenden.
Dass aber wenige Seiten weiter hinten ein dubioser Versand aus Deutschland ein nicht minder dubioses Produkt anpreisen darf, dank dessen „Schlankkraft exotischer Früchte“ man in 7 Wochen ganze 26 Kilo abnehmen könne, und dabei jeden Tag Schokolade essen dürfe, das stellt dieser Redaktion ein erbärmliches Zeugnis aus und ich hoffe schwer, dass Freund Jacky nichts von diesem Inserat gewusst hat. Man sollte solchen Inserate-Schrott strafrechtlich einklagen können… aber wir wollen ja nichts gegen die freie Selbstverantwortung des einzelnen unternehmen.