18/6 Reto bewegt
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 17:14 |
Das ist die suggestive Wirkung der Massenmedien: es muss zwar nicht alles bis ins Detail stimmen, aber die Leute lesen es gern und bilden sich ihre Vorurteile…
Die Geschichte von Reto Iseli, dessen IV-Antrag abgelehnt wurde, hat Wellen geworfen. Er steht plötzlich im Mittelpunkt des medialen Interesses, bekommt von allen Seiten Zuspruch und Angebote… und sucht doch eigentlich nur eine Lösung, wie er aktiv abnehmen könnte. Der Blick knallt ihm heute wieder eine Doppelseite hin mit einem Bericht über einen „Andi (42) aus dem Wallis“, der nach einer Magenoperation von 236 auf 105 Kilo abgenommen hat. Mit dem diskret vorwurfsvollen Unterton: Wenn du wirklich wolltest, könntest du das auch…
Dabei ist jeder Fall von Adipositas individuell unterschiedlich begründet. Ob eine Operation im Fall von Reto Hilfe bringen würde, müsste zuerst gründlich abgeklärt werden. Erst dann liesse sich feststellen, welche Therapie, die alle Bereiche umfasst, Wirkung versprechen kann. – Wir haben heute länger zusammen telefoniert. Reto ist es ein Anliegen, nicht nur für sich selber, sondern auch für Menschen, die sich in einer ähnlichen Situation befinden, eine Lösung zu suchen. Entsprechende Angebote, wo jemand in dieser „Gewichtsklasse“ sich einer stationären Kur unterziehen könnte, gibt es – noch – nicht; entsprechende Projekte sind bis jetzt meist an der Finanzierung gescheitert. Zwar gibt es Spitäler, die sich auf die Behandlung von übergewichtigen Patienten spezialisert haben, aber es bleibt in jedem Fall die Frage, wer für die Kosten aufkommt, bzw. aufkommen kann. Und – auch das ist mir im Gespräch mit Reto wieder einmal klar geworden – die bestehenden „ambulanten“ Programme, bei denen man alles daran setzt, dem Patienten zu helfen, seinen Umgang mit der Krankheit in den Alltag zu integrieren, sind nur für Leute, die noch so mobil sind, dass sie sich in die Kurse und Lektionen begeben können. Das ist, wie das Beispiel von Reto zeigt, ab einem bestimmten Gewicht kaum mehr möglich. Dann müssen andere Formen der Betreuung und Begleitung gefunden werden.
Der Fall von Reto (und die öffentliche Aufmerksamkeit, die er gefunden hat) könnte Anlass sein, hier konkrete Modelle zu erarbeiten und innovative Wege zu beschreiten.