29/6  Abgedankt

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:47

Wieder einmal hiess es Abschied nehmen von einem Weggefährten, mit dem man berufliche und auch militärische Erfahrungen geteilt hat. Aus allen Lebensbereichen des Verstorbenen waren sie herbeigeströmt, betroffen und ratlos angesichts der Tatsache, dass hier ein Bild von einem Mann, der eigentlich recht sportlich gelebt hatte, so unversehens und ohne jede Vorwarnung durch eine Herzattacke aus dem Leben gerissen worden war.

Und wie es sich bei solchen Gelegenheiten zuträgt: man tauscht am Rande intensiv die Erfahrungen mit dem eigenen Wohlergehen oder der eigenen Gebrechlichkeit aus, sich und seinen Zustand insgeheim vergleichend mit dem der anderen, die auch jedes Jahr etwas älter werden und denen man das mehr oder weniger ansieht. Ganz unterschiedlich sind die Bilder, die sich da präsentieren.

Da ist Hans H., er muss wohl gegen 80 gehen, braungebrannt und fit sieht er aus, jeden Tag schwimme er, fahre mit dem Rad und laufe… und beim letzten Check-Up hätte der Arzt ihm attestiert, dass er die Konstitution eines Rekruten bei der Aushebung habe. – Daniel R. ist dünn geworden, fast durchsichtig, seit ich ihn das letzte Mal gesehen habe, er wiege noch knapp 50 Kilo und könnte etwas von meiner Leibesfülle gebrauchen, meint er. Es istzt eine Krankheit in ihm, die ihn aushöhlt. – Hans A. berichtet von neuen Operationen, diesmal hat man seine Rückenwirbel mit einer innovativen Technik so justiert, dass keine Schrauben nötig waren, aber die Übungen, die er in der Physiotherapie zur Kräftigung der Muskulatur machen muss, belasten seine anderen Gelenke und lösen neue Schmerzen aus. – Alfred B. ist viel in der freien Natur, das bekommt ihm gut, und Otmar H. läuft von Mal zu Mal schlechter…

Abdankungen sind eine Art Gesundheitsprüfung, bei der man sein eigenes Befinden mit dem der andern messen kann, immer auch im Stillen rätselnd, wen es wohl als nächstes trifft.