16/7 Schokolution
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 15:35 |
Der Mythos von der guten Schweizer Schokolade ist ja schon seit einiger Zeit etwas ins Wanken geraten. Trotzdem ist sie als Klischee aus der Tourismus-Werbung nicht wegzudenken und die gute alte Toblerone gilt immer noch als DIE Schweizer Qualitäts-Schokolade schlechthin, obwohl sie längst globalisiert wurde. Dabei müssen wir ehrlich sein und anerkennen, dass es inzwischen mehrere Nationen gibt, deren Fertigkeit im Umgang mit der braunen Schleckermasse der unsrigen in nichts mehr nachsteht.
Aber nun kommt neuer Schwung in den Schokolade-Wettkampf: eine Erfindung macht Schlagzeilen, welche das Image der süssen Versuchung als Dickmacherin Nummer eins schlagartig aufpolieren wird: eine neue Schokolade-Art wurde erfunden, die zwar etwas gewöhnungsbedürftig aussieht (sie erinnert mit ihren kleinen Luftbläschen an die ehrwürdigen dicken Rayon-Tafeln), die aber den Vorteil hat, dass sie bloss noch einen Zehntel der Kalorien enthält, die üblicherweise in einer Tafel Normalschokolade stecken. Knapp 50 Kalorien auf 100 Gramm – das ist für jedes übergewichtige Süssmaul einen Luftsprung wert!
Der Geschmack sei tadellos, sagen unvoreingenommene Testpersonen (Samira, 10 Jahre alt, im Blick); Feldversuche zeigen, dass das Produkt erst über 55 Grad zu schmelzen beginnt, also keine verklebten Hände hinterlässt, dass es sich im Mund gut auflöst, wenn es eingespeichelt wird… – Wie weit es auch zur Herstellung von Sanktnikoläusen und Osterhasis taugt, wird man sehen müssen, denn bis jetzt besteht es erst in Form eines Rohstoffs, der von der Confiseurs- und Chocolatiers-Gilde noch bearbeitet werden muss.
Die Revolution, die auch neue Märkte im warmen Süden und Osten erschliessen soll, macht also nicht Halt vor nationalen Grenzen. Der marktbeherrschende Multi, der hinter dieser Erfindung steht, hat seinen Sitz in der steuergünstigen Schweiz, und so sind es wieder mal wir Schweizer, die „es“ erfunden haben. – Zwei Jahre soll es noch gehen, bis das braune Kalorienwunder in erneuerter Gestalt in die Regale kommt. – Die Frage, ob es sich dabei ev. um Analog-Schokolade handelt, wird später zu klären sein.