23/7  Zu schwer zum Sterben

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:19

Vor kurzem haben wir noch mit schauderndem Staunen nach Amerika geblickt, wo sich die Beerdingungsindustrie damit zu befassen begann, dass die Toten immer voluminöser, schwerer und unhandlicher wurden… Und nun hat das amerikanische Phänomen – mit dem obligaten Zeitverzug – auch uns erreicht. Im 20 minuten war heute zu lesen von den Problemen der Leichenbestatter mit übergewichtigen Toten. Die Särge müssen grösser werden, die Gräber breiter, die Türen zu den Krematoriums-Öfen weiter… und bei der Erdbestattung sind die Särge so schwer, dass die Träger sie nicht mehr „von Hand“ durch die Friedhöfe schleppen können, ohne sich bleibende Rückenschäden zu holen… Die ganze Infrastrukur für das Bestattungswesen muss neu definiert und ausgerüstet werden, und zwar nicht nur an einem zentralen Ort, sondern überall dort, wo gestorben wird. Denn die Verteilung der adipösen Verblichenen dürfte in der Bevölkerung etwa gleichmässig anfallen.

Der letzte Dienst am dicken Menschen wird zum Servitut. Nicht genug, dass noch immer viele Spitäler nicht adäquat ausgerüstet sind für den therapeutischen Umgang mit stark übergewichtigen Patienten und Patientinnen – das Defizit macht sich zunehmend auch bemerkbar bei der Behandlung der sterblichen Hülle „danach“. Und es sieht nicht aus, als würde es sich dabei um ein vorübergehendes Problem handeln. Die Adipositas-Welle, die wir im Moment registrieren, ist eine Tatsache und die Betroffenen sind real, mit all den Problemen die sie haben und die sie verursachen. Auch wenn die Präventions-Massnahmen in ferner Zukunft greifen sollten, bleiben doch die Generationen, die davon (noch) nicht erfasst wurden. Wie viele es sein werden, ist nicht abserhbar, Optimismus allein hilft nicht weiter und Pessimismus schon gar nicht. Früher war der Tod „umsonst“… aber auch der ist nicht mehr was er einmal war.