16/10 Angst vor dem Messer
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 16:30 |
Vor drei Wochen fand das 2. Adipositas-Symposium in St.Gallen statt. Dabei stand u.a. das Thema der chirurgischen Eingriffe bei Kindern und Jugendlichen zur Debatte. Die Experten waren sich nicht einig, ob Risiken oder Gefahren überwogen, Fragen der Ethik wurden diskutiert, aber nicht schlüssig beantwortet. – Was damals nicht zur Sprache kam: wie die Jungen selber einer Magen-Operation bei schwerer Adipositas gegenüberstehen würden.
Die Antwort kommt nun aus England. Dort hat ein Forscherteam an der Universität in Leeds 100 krankhaft adipöse Jugendliche zwischen 8 und 17 Jahren befragt. Das Resultat sollte zu denken geben. Auch wenn es sich auf die gesellschaftliche und schulische Realität in England bezieht, sind wphl die Unterschiede zur hiesigen Lage nicht sehr gross. Hier einige der erhobenen Befunde:
Zwei Drittel der befragten Kids sagen, dass sie in der Schule zu wenig Unterstützung für ihr Gewichtsproblem erhalten haben. Nur 29 Prozent sahen die Ursache für ihr Übergewicht im Konsum von zu viel Junk Food. 59 Prozent sahen den Grund für ihr Gewicht in zu grossen Portionen. 71 Prozent halten einen chirurgischen Eingriff für „gefährlich“, 60 Prozent glauben, eine Operation sei ein „Betrug“ und 61 Prozent meinen, es gebe „einfachere“ Therapien als einen chirurgischen Eingriff. Die Forscher waren überrascht von dieser massiven Ablehnung durhc die Jugendlichen.
42 Prozent beklagten sich zudem, dass sie in der Schule wegen ihres Gewichts gemobbt würden; 58 Prozent fürchten, dass sie wegen ihres Gewichts keine Beziehung und keine Freunde finden würden. Ebensoviele denken, dass ihr Übergewicht sie daran hindern werde, einmal ihren Traumberuf zu ergreifen. – Die Wirklichkeit zeigt, dass diese Befürchtungen zutreffen: in Amerika verdienen Übergewichtige weniger und die Wahrscheinlichkeit, dass sie heiraten, ist geringen.
Die Folgerungen der Experten sind eindeutig: mehr Beratungsstellen für übergewichtige Kinder, mehr Unterstützung in der Familie und in der Schule. Die Frage einer Operation muss extrem sorgfältig und unter strengen medizinischen Aspekten geprüft werden – und bei Kindern auf jeden Fall die allerletzte Lösung sein.