22/2  Abspeck-Camp

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:22

Sie machten es auf die harte Tour, die sechs Dicken aus Deutschland, die sich für eine TV-Sendung auf Gran Canaria während vier Wochen in ein Abspeck-Camp begaben. Zuerst meinten sie, es gebe eine erholsame Fitness-Aktion, mit etwas Diätküche, etwas Aerobic und viel Wellness… ab er das stellte sich bald als Irrtum heraus. Kaum auf der Insel angekommen, mussten sie sich aus ihren Koffern ein leichtes Marschgepäck auswählen, dann ging es per Jeep in die Wildnis, wo es galt, mit Einerzelten ein Biwak aufzuschlagen.

Die sechs kamen aus ganz unterschiedlichen Milieus: alleinerziehende Mütter, verwöhnte Jungs, erfolgreiche Unernehmer… die nun von einem unerbittlichen Coach durch die Tage und über die Insel gescheucht wurden. Den ganzen Tag waren sie in Bewegung, wanderten bergauf und bergab, trieben extreme Sportarten wie Dünen-Rutschen und Kite-Surfen gegen die Meeresbrandung oder Langstreckenschwimmen im Atlantik. Ziel sei es, die Gruppe dauernd auf Trab zu halten, so dass sie gar nicht dazu kämen, zu realisieren, wie viel sie sich bewegten.

Nach der zweiten Woche ging es in ein einfaches Hotel, gegessen wurde naturnah und genussfern. Am Ende jeder Woche wurden die Probanden gewogen, sie nahmen unterschiedlich ab, erwartungsgemäss die dicksten am meisten. Alle fühlten sich fitter und voller Energie und nach vier Wochen hatten sie zwischen 9 und 15 Kilo abgenommen. Bevor sie von ihrem Abenteuer-Abspecken wieder zurück in die Zivilisation reisten, gönnten sie sich noch eine kosmetische Frischkur mit einer neuen Frisur und modischem Outfit.

Die Frage bleibt, was solche TV-Sendungen bringen. Haben sie Vorbildcharakter? Zeigen sie Wege aus dem Übergewicht auf, die auch für andere gangbar sind, ohne TV-Begleitung? – Oder verstärken sie einmal mehr die Vorurteile und diskriminieren die Dicken, so dass sie ihr reines Dicksein als Schande empfinden müssen? – Vor allem weiss neimand, wie es den Camp-Absolventen gelingen wird, ihr neues Gewicht zu halten oder allenfalls noch weiter abzunehmen, ohne die martialische Anleitung durch den Coach, ohne die tagelange Zeit für extreme körperliche Leistung und ohne den Gruppendruck mit seiner disziplinierenden Wirkung? – Es wäre interessant, die Gruppe in drei Jahren wieder zu sehen. Abspecken müsste alltagstauglich sein.