26/2  Das Geschenk

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 15:15

Es war für unsere Verhältnisse relativ früh am Morgen, als der Zustellbote an der Wohnungstür klingelte. Noch im Freizeitlook öffneten wir und konnten ein kleines, flaches Paket in Empfang nehmen. Absender war die Post selber bzw. deren Geldinstitut, die Postfinance.

In dem kunstvoll verpackten Gebinde befand sich eine schwarze Schachtel mit Goldbeschriftung. In ihrem Inneren, sorgsam durch Polsterpapier abgeschirmt, eine Lage von Luxuspralinen, wohl 200 Gramm, wenn nicht mehr. Kein Begleitbrief dabei, nur das obligate Qualitäts-Zertifikat des noblen Herstellers, dessen angesehene Maitres Chocolatiers ihre braune Kunst normalerweise in TV-Spots zelebrieren.

Zufällig sind wir dann innen im Deckel noch auf die Botschaft gestossen: der Chef von Postfinance liess uns wissen, dass er letztes Jahr eine sehr gute Bilanz erwirtschaftet habe und dass er uns an dieser teilhaben lassen möchte. Daher die süsse Gabe, als Belohnung für unsere langjährige Treue und im Blick auf eine weitere solche.

Jetzt sollte man nicht undankbar sein. Der Herr Bucher konnte ja nicht wissen, dass unsereins gerade in einer Ernährungsphase steckt, in der Kohlenhydrate und damit jegliche Süsswaren ziemlich verpönt sind. Und doch stellt sich ganz grundsätzlich die Frage: wie sinnvoll sind solche Geschenke? Wie viele Kunden kamen in den Genuss dieser Gabe? Wieviele Mega- wenn nicht Giga-Kalorien sind hier durch die Post unters Volk getragen worden? Und: Wie hätten wir reagiert, wenn statt der schwarzen Schachtel ein nüchterner Avis gekommen wäre, dass man unserem Konto den Betrag von CHF 50 gutgeschrieben habe? – Richtig: Die Pralinen haben wir freudig ausgepackt, haben jubiliert und uns sogleich einige davon eingeschoben… Für Reue war so früh am Morgen keine Zeit. Und die Vorfreude ist vorhanden, dass am Abend noch einige da sein werden. Also wars – alles in allem – ein gelungenes Geschenk. Danke, Postfinance!