15/7  Fetter Kanarienvogel

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:42

In einem der letzten Referate stellte  Gary Egger sein neues Buch Planet Obesity vor. Scharf kritisierte er dabei die klassischen Ansätze, der Adipositas-Epidemie Herr zu werden durch die simple Mechanik von weniger Energie-Aufnahme und mehr Verbrauch. Dieser „lineare Approach“ habe sich als untauglich erwiesen, da es dabei lediglich um Symptom-Bekämpfung gehe. Es seien weit mehr und vielfältigere Faktoren, welche das Körpergewicht der Menschen beeinflussten. Das Phänomen Adipositas sei gewisseremassen ein Kollateralschaden der Moderne, eine Nebenwirkung des angestrebten Wirtschaftswachstums. Nicht umsonst seien dem Wachstum in der Natur klare Grenzen gesetzt. Würden diese überschritten, seien die entsprechenden Organismen dem Untergang geweiht. Zwar sei unsere Lebenserwartung gestiegen, dafür hätten aber auch die chronischen Krankheiten massiv zugenommen und vielfach erweise sich das verlängerte Leben gar nicht als lebenswert.

Die globale Weltwirtschaft leide an einer Entzündung, die permanente Belastung durch den Expansions- und Erfolgsstress führe zu dauernden Schäden, Adipositas sei demnach die natürliche Reaktion unseres Immunsystems auf den modernen Lifestyle. Man solle abkehren vom Mythos eines permanenten Wachstums, Stabilisierung wäre schon ein grosser Fortschritt. Wachstum über die Reife hinaus führt entweder zu Übergewicht oder zu Krebs. – Letztlich sei, so Gary Egger, Adipositas nichts anderes als der Kanarienvogel im Käfig, den die Bergleute früher in die Kohlenminen mitgenommen hatten. Solange der Vogel zwitscherte, war die Luft noch gut. Fiel er tot von der Stange, war die Katastrophe im Anzug und Flucht angezeigt.

Beim Rückflug von Stockholm nach Zürich hatte ich eine SAS-Maschine. Da sind die Sitzreihen deutlich enger montiert als bei der SWISS. Mit grösster Mühe quetschte ich mich neben einen englischen Mitreisenden, mich vielmals entschuldigend – er nahm es gelassen. Doch als die Flugbegleiterin die Verlängerung des Sicherheitsgurtes montieren wollte, zeigte sich, dass dies gar nicht möglich war… meine Beine waren inzwischen wie abgeklemmt und eingeschlafen, obwohl wir immer noch am Dock standen. Da wies mich die SAS-Dame beherzt nach hinten, dort war noch eine ganze Sitzreihe leer Ich konnte mich bequemst installieren und verbrachte den gemütlichsten Flug seit langem… ein Hoch auf die Skandinavien Airline und ihre Adipositas-freundliche Einstellung!