18/7  Fat Brother

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 22:45

„Anscheinend liebt es der Zuschauer vor dem Fernseher, ruinierte Existenzen zu sehen, den Abschaum, das Kaputte. Da weiss man dann, wie viel besser man es selbst in seinem Leben getroffen hat. Und anscheinend gehört Fettleibigkeit zum, na ja, zumindest Kaputten, Widerlichen und Ekelerregenden.“

Das schreibt Artemis Gounaki in ihrem Buch Wenn jede Diät versagt – Wie ich 70 Kilo abgenommen habe. Artemis, dem TV-Zuschauer bekannt als Vocal-Coach aus der Sendung MusicStar, hat ihr Gewicht nach einer Magenband-Operation halbiert. In offenen Worten spricht sie über die Zeit vor und nach der Operation, auch über ihre Erfahrung mit den Medien in „schwerer“ Zeit.

Heute Nachmittag hat auf RTL wieder so eine Dicken-Beschau begonnen: Die achtteilige Serie Das Grosse Abnehmen, moderiert von Vera Int-Veen. Sie, die sich früher selber unzimperlich durch die nachmittäglichen Freak-Shows gebrüllt hat, begleitet nun recht behutsam und verständnisvoll die acht Abnehmwilligen, die zusammen 1,2 Tonnen auf die Waage bringen, durch die Sendung.

Ein halbes Jahr verbringen die KandidatInnen zusammen auf Mallorca, der schwerste wiegt 256 Kilo. Sie sollen lernen, richtig zu essen, Freude an Sport und Bewegung zu bekommen (dafür sorgen als Personal Trainers zwei Ex-Sportler)… aber die erste Folge hat da noch wenig Konkretes gezeigt, und der Verdacht bleibt, dass auch in diesen Sendungen vor allem die monströsen Schwabbelbäuche vorgeführt werden sollen. Es wäre so wichtig, dass derartige Sendungen, die eine breite Beachtung beim Publikum finden, sachlich und ehrlich die individuellen Möglichkeiten – und auch die Grenzen – des Abnehmens aufzeigen, ohne zu einem voyeuristischen Wettbewerb zu werden, wer in wie kurzer Zeit wieviel abnehmen kann bzw. warum nicht.

Das Ganze riecht noch sehr nach Big Brother für Dicke, wobei vor allem die Emotionen der armen Seelen hochgekocht werden. Ich lasse mich gern eines Besseren belehren.