10/11 Stigma
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 23:14 |
Heute fand in Magglingen die dritte nationale Netzwerktagung statt aller Organisationen und Institutionen, die sich mit Ernährung, Bewegung und Körpergewicht befassen. Am Nachmittag standen verschiedene Workshops auf dem Programm. Einen davon durfte ich leiten, er galt der Frage, wie wir in Themen, die unsere Gesundheit betreffen, so kommunizieren sollen bzw. können, dass Betroffene sich dadurch nicht verletzt und stigmatisiert fühlen.
Als Experten hatten wir Peter R. Schwegler verpflichtet, ein Kommunikationsprofi mit eigener Agentur und langjähriger Erfahrung im Medizin-, Pharma- und Gesundheitsbereich. Sein einführendes Referat zeigte die Mechanik der Informationsvermittlung auf und machte klar, dass die Verbreitung von Fakten allein niemals genügt, um Wissen zu vermitteln oder gar Handeln auszulösen, dass es vielmehr darauf ankommt, wie diese Faken aufgenommen werden, in welchem Zusammenhang sie stehen und was sie auslösen können.
Beim Reden über Krankheiten stellt man bald fest, dass es gesellschaftlich „akzeptierte“ Krankheiten gibt und solche, die von der Umwelt weniger akzeptiert werden. Dazu gehören Übergewicht und Adipositas: rasch sind Vorurteile zur Hand, welche eine sachliche Information abblocken und zu Schuldzuweisung führen. Da helfen nur Klartext und Insistenz. Wenn eine Aufklärungs-Kampagne so intensiv geführt wurde, dass sie allen buchstäblich zum Halse heraushängt und keiner mehr was davon hören will – dann hat sie eben gerade zu wirken begonnen. Mindestens achtmal muss ein Individuum mit einer Botschaft kontaktiert werden, ehe es sie überhaupt zur Kenntnis nimmt!
Wann aber fühlen Betroffene sich verletzt, stigmtisiert? – Ist es unkorrekt, wenn man einen adipösen Menschen als „dick“ bezeichnet? Hat er Grund, sich angegriffen zu fühlen? – Beschönigendes Kaschieren oder diskrete Umschreibung helfen nicht weiter: die Realität ist beim Namen zu nennen, nur dann kann man sich ihr stellen. Ehrlichkeit hilft in der Auseinandersetzung und schafft Akzeptanz. Das offene Wort führt weiter.