11/11  In Uniform

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 15:55

Im Auto schnappe ich eine Radiomeldung auf. Es geht um die Verabschiedung der Zürcher Soldaten, die ihre Dienstpflicht erfüllt haben. Eine ehrende Versammlung, gekrönt von einem Schlussappell und einem Abschieds-Apéro mit Buffet.

Vom feierlichen Abschluss der Veranstaltung ausgeschlossen sind jene Wehrmänner, die in den zurückliegenden Jahren zuviel an Gewicht zuglegt haben, so dass ihnen die Uniform zu klein geworden ist. Da sie nicht reglementskonform gekleidet sind (bzw. sein können), werden sie eine halbe Stunde vorher entlassen. In Schande, gewissermassen.

Was soll diese militärische Abstrafung der Dicken? – Die Meldung weckt in mir Erinnerungen an meine eigene Militärzeit… damals war es noch ein Faktum, dass höhere und hohe Offiziere oft gut in die Breite ausgewachsen waren. In der RS (vor 50 Jahren) hat man uns die Gradkenntnis mit dem alten Witz vermittelt: Woran erkennt ihr den Mauptmann? An den drei Spaghettis auf dem Käppi. Woran den Major: An der breiten Nudel. Woran den Obersten? Am dicken Bauch.

Ich hatte mich selber dann später auch an diese Regel gehalten und habe mir im Laufe meiner Übergewichts-Karrriere zahlreiche – je nach dem aktuellen Verlauf der Gewichtskurve – weitere oder engere Uniformen anmessen lassen… die Spezialisten waren jeweils stolzerfüllt, wenn sie nach der Messung mit einem Griff ein passendes Stück aus ihrer Sammlung ziehen konnte, weit ausserhalb der Ordonnanz-Normgrösse. Bloss als es in späten Jahren noch an die Umrüstung auf den Tarn-Anzug ging, gab es Probleme: meine Grösse war nicht am Lager, sie musste extra gefertigt werden, und man gab mir von jedem Kleidungsstück vorsorglich zwei Exemplare mit, zum Wechseln und zum Waschen, da man die meinen ja nicht einfach bei Bedarf im Arsenal umtauschen konnte. Ich schleppte jeweils in den Übungen Uniformen mit mir herum wie ein Sherpa Gepäck auf den Himalaya.

Die „Entlassung“ hatte ich irgendwie verpasst. Zwar war ich aufgeboten worden, musste verschieben, dann ging das vergessen… und hat sich mit der Abgabe des Materials und all der Felduniformen dann von selbst erledigt. Es ist nicht anzunehmen, dass heute jemand im Dienst in meinen abgelegten Kleidern herumläuft, denn Soldaten mit meinem Gewicht sind kaum mehr diensttauglich. – Soll man den Entscheid der Zürcher Behörden, die Übergewichtigen vorzeitig auszumustern, nun als stigmatisierende Schikane kritisieren oder als entlastende Schonung loben? Ich weiss es nicht. Das kommt wohl auf das Verhältnis des Einzelnen zu „seinem“ Militär an.