17/11 Waisenkinder
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 17:54 |
Ich habe heute eine spannende Tagung besucht, einberufen von einem internationalen Pharma-Konzern. Es ging um seltene Krankheiten, die auch als Waisenkinder der Gesundheitspolitik bezeichnet wurden. Mit dem Fachausdruck: Orphan Diseases.
Von einer „seltenen“ Krankheit spricht man dann, wenn von 10’000 Leuten nicht mehr als 5 betroffen sind, also weniger als ein halbes Promille. Solche speziellen Krankheiten sind in der Diagnose und in der Behandlung extrem teuer; die Erforschung und Produktion von Heilmitteln ist über den Markt kaum zu finanzieren. Es braucht besondere gesetzliche Regelungen, um Medikamente für seltene Krankheiten zuzulassen, da man ja keine breit angelegten Versuchs-Reihen machen kann… Und die Schweizer Pharma ist weltweit an zweiter Stelle führend auf diesem Gebiet.
Eine Studie in England hat gezeigt, dass 18% aller Heilmittelkosten aufgewendet werden für 0,012% der Patienten, die an seltenen Krankheiten leiden. Da stellt sich sofort die Frage, ob der Gemeinschaft aller Prämienzahler zuzumuten ist, diese Kostenlast zu tragen.. – Das Interesse seitens der Krankkassen und der Pharma-Firmen an der Thematik war gross. Hier scheint ein Markt zu bestehen, den es zu entdecken gilt und der besonderen Gesetzen gehorcht.
Als Interessen-Vertreter einer Krankheit, die heute zwar epidemisch auftritt, die aber in der Öffentlichkeit ein miserables Prestige hat und sich zuweilen auch wie ein Stiefkind vorkommt, haben mich bei dieser Diskussion zwiespältige Gedanken beschlichen: die „raren“ Krankheiten haben offenbar Seltenheitswert, werden wie eine Art „kostbares Gut“ gehandelt, da deren Ursachen weithin unbekannt, kaum erforscht und dokumentiert sind. – Adipositas dagegen ist eine Jedermanns-Krankheit, eingebettet in ein dickes Polster von Vorurteilen und Ablehnung. Mitleid ist damit nicht zu erwecken.