15/1  Senf aus Dijon

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:30

Nicht nur. Unsere derzeitige Medienministerin hat in ihrem früheren politischen Leben als Wirtschaftsfrontfrau ein Anliegen mit Nachdruck umgesetzt, das es dem Handel erleichtern sollte, EU-taugliche Produkte – insbesondere Lebensmittel – hier auf dem Markt zu bringen, auch wenn diese in ihren Standards nicht ganz den Schweizer Qualitäts-Kriterien entsprächen. Dadurch sollte das Geschäften vereinfacht werden, und logischerweise gab es dabei auch etwas zu gewinnen, zumindest in materieller Hinsicht: entweder wurden die Preise günstiger, oder die Verdienstspanne erhöhte sich für die Verkäufer.

Cassis de Dijon heisst das Prinzip. Vor einem halben Jahr trat es in Kraft. Nach einer ersten Bilanz greift sanfter Katzenjammer um sich. Zwar hat sich das Bundesamt für Gesundheit bemüht, die Anzahl der Ausnahmen so klein wie möglich zu halten, aber die Lebensmittelindustrie hat es doch geschafft, für sich Sonderkonditionen herauszuholen, die es ihr gestatten, ein zugelassenes EU-Produkt auch in der Schweiz selber herzustellen, nach dem „schlechteren“ EU-Rezept, so dass bestimmte Nahrungsmittel ganz offiziell den Stempel swiss made tragen dürfen, die gegen unsere gesetzlichen Normen verstossen. Dies trifft etwa auf Getränke zu, die zu wenig Fruchtsaftanteil enthalten, oder auf Schinken, der einen zu hohen Wasser-Anteil hat, auf Mozzarella, der Stärke enthält und Vollrahm mit geringerem Fettanteil…

Auf der Strecke bleiben die Interessen der Konsumenten, möglicherweise leidet deren Gesundheit, wenn die Abweichungen gravierender würden. Für die Normalverbraucherin wird es immer schwieriger, sich zu orientieren und sich in diesem Dschungel der Profitgier (denn ene andere Motivation gibt es nicht) zurecht zu finden. – Müssen wir fürchten, dass die Ministerin als willfährige Gehilfin der Wirtschaft nun auch bei den Medien ein Qualitätsschlamassel anzettelt?